Kantonalkirchen – Ursprung und Zukunft

Das katholische Kollegium des Bistums St. Gallen. (Bild: Roger Fuchs, kath. Konfessionsteil SG)

 

Die Kantonalkirchen sind einer der beiden Pfeiler (oder auch eine der beiden Lungen, wie es mal eine Präsidentin und Ärztin ausgedrückt hat) des dualen Systems. Dieses duale schweizerische Kirchensystem ist sicherlich wenn auch nicht das bekannteste, so doch ein Aspekt des «Sonderfalls Schweiz». Es gibt wohl kaum ein anderes Land auf der Welt, das ein ähnliches System kennt. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der «katholischen Kirche Schweiz», durch das wir als getaufte Christinnen und Christen unsere wichtige Rolle in unserer Kirche wahrnehmen können.

So wie die Kantonalkirchen mit ihren Bistümern zusammenarbeiten, läuft es ähnlich auf gesamtschweizerischer Ebene zwischen der Römisch-katholischen Zentralkonferenz (RKZ) und der Schweizer Bischofskonferenz (SBK). Unser duales System braucht diese beiden Komponenten, um zu existieren: das Bistum mit seinen pastoralen Strukturen und eben die Kantonalkirchen.Im Waadtland, von wo ich herkomme, wird dies sehr schön ausgedrückt im Satz: «Die Kantonalkirche handelt im Einvernehmen mit der diözesanen Autorität» – man muss miteinander reden, um entscheiden zu können. Mitverantwortung durch Laien gibt es bei uns schon zu einem Teil. Aber auf Gebieten wie Transparenz und Rechenschaftspflicht gibt es noch vieles zu tun.

Ganz im Geiste des synodalen Weges sind wir in der Schweiz, systembedingt, seit Langem gemeinsam unterwegs und unsere Mitfinanzierungsgremien sind paritätisch zusammengesetzt. In diesem synodalen Sinne wollen wir uns, als Zusammenschluss der Kantonalkirchen, heute auch bei vielen weiteren Themen der Pastoral und Seelsorge einbringen. Die Kantonalkirchen mit ihrem (in den meisten Kantonen) parlamentarischen System können allen Anspruch erheben, eine demokratisch gewählte Struktur der katholischen Basis darzustellen.

Die neue, für fünf Jahre bestellte Synodalitätskommission unter der gemeinsamen Verantwortung der SBK und der RKZ (in Vertretung der Landeskirchen) ist ein wichtiger weiterer Schritt in diese Richtung. Als Vertreter der Landeskirchen werden wir uns dort stark einsetzen, damit unsere Stimmen immer besser gehört werden.

Die Landeskirchen spielen deshalb heute eine wesentliche Rolle in der katholischen Kirche Schweiz. «Und das Synodenpapier aus Rom legitimiert unsere Schweizer Kirchenpraktiken», wie es Urs Brosi, Generalsekretär der RKZ, vor Kurzem in einem Interview gesagt hat. Und ich bin überzeugt: Es braucht uns mehr denn je!

Roland Loos*

 

* Roland Loos (Jg. 1961) studierte Elektrotechnik an der ETH Lausanne und arbeitet heute noch als Unternehmer an verschiedenen Weltraum- und Telekom- Projekten mit jungen Firmen (Start-ups). Seit vielen Jahren ist er Mitglied der Exekutive der kantonalen Körperschaft VD (FEDEC) und seit 2024 Präsident der RKZ.

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Editorial

Unsere Wurzeln

Viel mehr Instabilität, als wir zurzeit welt- und europaweit erleben, geht gar nicht mehr. Und das in Kombination mit den weiterhin politisch ungelösten Fragen um die Klimakrise und die zunehmende Überalterung. Kein Wunder, dass viele verunsicherte Menschen auf Rattenfänger/innen jeder Couleur hereinfallen. Da tut es gut – ich schrieb das plakativ eben auch in meinem Blog –, zu erkennen, dass unser Land seit Langem einen Sonderweg geht, der schützt vor übermässiger Zentralisierung (durch die Prinzipien des Föderalismus und der Subsidiarität) und politischer Polarisierung (durch unsere Konkordanzdemokratie und -regierung). Dem gilt es Sorge zu tragen, denn in dieser schnelllebig-hysterischen Zeit sind bremsende Faktoren unbeliebt und es wird nach Schnellschüssen gerufen. Die katholische Kirche in der Deutschschweiz geht seit bald 200 Jahren denselben Weg wie der Staat, die Kantonalkirchen und ihre Strukturen in den Gemeinden sind ein gesunder Gegenpol zur zentralistischen Universalkirche. Sie sind nicht Fremdprodukt, sondern zutiefst eingebettet in das in der Urschweiz entstandene Korporationswesen, quasi DNA unseres Selbstverständnisses. Mein afrikanischer Mitbruder in der letzten Pfarrei war entsetzt, von einer «katholischen Schweizer Kirche» zu hören. Wir sind stolz.

Heinz Angehrn