190 Jahre Schweizerische Kirchenzeitung

Die verschiedenen Titelseiten der Kirchenzeitung (im Uhrzeigersinn): 1832, 1882, 1932, 1982, 2015 und 2021. (Montage: SKZ)

 

Luzern, Samstag, 30. Brachmonat 1832, No. 1. Schweizerische Kirchenzeitung, herausgegeben von einem katholischen Vereine. Die Kirche ist das Haus Gottes, die Säule und Grundfeste der Wahrheit (1 Tim 3,15). Ankündigung. «Unter obstehendem Titel beginnt mit dem Monate Julius eine religiöse Zeitschrift, die, einen Bogen stark, in Quart, auf weissem Papier, jeden Samstag regelmässig erscheinen soll […] Der Preis dieses Blattes beträgt […] 25 Btz.»1

Keine Frage: eine andere Sprache, eine andere Zeit, ein anderes Selbstverständnis. Ereignisse ereignen sich, d. h. sie bewegen stets mehr und anders, als der Mensch erfassen, erkennen und deuten kann. Diese Eigenheit dessen, was geschieht, gilt unabhängig davon, ob Menschen Ereignisse anstossen oder erdulden. Das Phänomen des Schmetterlingseffekts (Edward N. Lorenz) zur Bezeichnung nichtlinearer Dynamik und damit der Unvorhersehbarkeit langfristiger Auswirkungen gehört zur «conditio humana». Und immer wieder die Frage aus Psalm 8,4f:

«Seh ich deine Himmel, die Werke deiner Finger, Mond und Sterne,
die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst,
des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?»

«Diese Zeitschrift wird sich, was schon der Titel aussagt, nur mit dem Religiösen und Kirchlichen beschäftigen. Ihr Bekenntnis ist das der Einen heil. kathol. Kirche; ihre Waffe, Liebe und Wahrheit; ihr Zweck: einerseits durch Belehrung und Erbauung den christlichen Sinn im Volke zu wecken und zu beleben, andererseits die Rechte der Religion und Kirche gegen offene und versteckte Angriffe zu wahren, Entstellungen in Betreff religiöser Gegenstände zu berichtigen, Verdächtigungen kirchlicher Personen zurückzuweisen.»2

In den verlegerischen Leitlinien 2018 heisst es: «Die SKZ ist Dialogplattform für Debatten zu theologischen und kirchlichen Themen sowie Dokumentations- und amtliches Publikationsorgan.» Keine Frage: Weder die «Gespräche» in der SKZ noch die Gesprächskultur unter Katholikinnen und Katholiken in der Schweiz entsprechen schon einer fruchtbaren Dialogkultur. Das ist in diesen Monaten im synodalen Prozess wieder sichtbar geworden – als Mangel und als Hoffnung. Vor 190 Jahren war es 1 Tim 3,15; denn die Kirche verstand sich als Hüterin der Wahrheit, die es zu vermitteln, zu verteidigen galt. Heute pilgert das Volk Gottes im Suchen nach den Spuren des Reiches Gottes mittendrin am Rand. Darum passt aus dem Brief an die Gemeinde in Philippi das Leitwort:

Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen (Phil 2,1–4).

SKZ – suchen, kennen, zeigen. Herzlichen Dank an alle, die mitgehen und mittragen.

Markus Thürig*

 

1 SKZ 1/1 (1832), Leitartikel, genannt Ankündigung, Spalte 1.

2 Ebd.

* Dr. Markus Thürig (Jg. 1958) ist seit 2011 Generalvikar des Bistums Basel und Präsident der Herausgeberkommission der Schweizerischen Kirchenzeitung.