Kaum ist das Reformationsjahr 2017 mit seinen zahlreichen Feierlichkeiten verklungen, steht das Jahr 2018 mit diversen Erinnerungsanlässen ins Haus. Schon jetzt soll an ein Jubiläum erinnert werden, das indirekt mit den Reformbewegungen der 1968er-Jahre zusammenhängt und seinerzeit für die Kirche Schweiz einen Meilenstein bedeutete: das 50-jährige Bestehen der Theologischen Hochschule Chur (THC). Es wird im Oktober im Rahmen einer Jubiläumswoche (22. bis 27. Oktober) feierlich begangen.
Die 68er-Bewegung der Kirche
Das 50-jährige Jubiläum der THC steht zwar nur indirekt mit den Studentenrevolten der 68er-Jahre in Beziehung, denn es wäre verfehlt zu sagen, die Kirche habe im Fokus der 68er gestanden. Aber im Grunde war das Konzil die 68er-Bewegung der Kirche, weil die katholische Kirche durch die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) unter Papst Johannes XXIII. manche Tendenzen der gesellschaftlichen Reformen der 68er-Jahre vorweggenommen hat. Den «Muff von 1000 Jahren» und die alten Talare hatte die katholische Kirche mit der Liturgie- reform des Konzils bereits abgeschafft. Auch in der Schweizer Kirche löste das Konzil eine Aufbruchstimmung aus, die auf vielen Ebenen von der Frage geprägt war, wie die Konzilstheologie in den verschiedenen Lebensvollzügen der Kirche umgesetzt werden sollte.
Die Errichtung der THC im Februar 1968
In Chur zeigte sich diese Aufbruchstimmung sehr konkret in hohen Studierendenzahlen, die zunächst Baumassnahmen notwendig machten: So wurde als Erweiterung des Priesterseminars St. Luzi von 1963 bis 1965 ein Neubau mit Hochschultrakt samt Aula und Hörsälen errichtet, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Vor der Gründung der THC waren bekannte Theologen wie der Moraltheologe Prof. Franz Böckle (1953–1963) und der Dogmatiker Prof. Johannes Feiner (1938–1965) im Churer Lehrbetrieb prägend.
Die Gründung der THC ist eng mit den Personen von Prof. Alois Sustar und Prof. Josef Pfammatter verbunden. Der gebürtige Slowene Sustar war sowohl Regens des Priesterseminars (1965–1968), Professor für Moraltheologie (1963–1968) und während nur vier Monaten erster Rektor der THC (1968). In seiner Amtszeit verlieh die römische Studienkongregation am 22. Februar 1968 per Dekret dem 1807 gegründeten Priesterseminar St. Luzi den Titel «Institutum superius theologicorum studiorum». Damit wurde das Seminar in Chur zur Theologischen Hochschule erhoben, die ab dem 7. März 1968, dem Fest des hl. Thomas von Aquin1, das Recht erhielt, kirchlich anerkannte Diplome auszustellen. Der Neutestamentler Josef Pfammatter folgte Sustar im Juli 1968 und blieb als Gründungsrektor die prägende Gestalt des Anfangs (1968–1970). Bis heute gilt der Wunsch, mit dem Kardinal Gabriel-Marie Garrone, der Vorsteher der römischen Studienkongregation, sein Begleitschreiben zum Dekret von 1968 beschliesst: «In aevum vivat, crescat, floreat!» (Sie möge in Ewigkeit leben, wachsen und gedeihen.)
Auch in Zukunft: Theologie mit Weitblick
Seit der Gründung der THC haben zwei Generationen von Theologinnen und Theologen ihr Studium in Chur absolviert. Sie sind heute als Priester, Pastoralassistentinnen und Diakone in allen Seelsorgebereichen der Deutschschweizer Bistümer tätig und prägen das Gesicht der Deutschschweizer Kirche. Alle Ehemaligen und die interessierte Öffentlichkeit werden Ende Oktober zur Jubiläumswoche nach Chur eingeladen, um zu zeigen, dass die THC auch 50 Jahre nach ihrer Gründung noch immer versucht, Theologie mit Weitblick zu treiben.
Christian Cebulj