Am Ende siegt die Hoffnung

Die Dar Mohammeds leben in Dura im südlichen Westjordanland. Alle drei Söhne leiden unter Cystischer Fibrose. Trotzdem bewältigt die Familie den Alltag voller Energie und Hoffnung.

Die Dar Mohammeds mit Sozialarbeiterin Rabab Kawwas. (Bild: zvg)

 

Qais sitzt zur Blutabnahme auf der Untersuchungsliege. Der Neunjährige ist hochgewachsen wie sein Vater. Seine schlanke Erscheinung ist Teil seines Krankheitsbilds: Qais leidet wie seine Brüder Baraa (12) und Ahmed (16) an Cystischer Fibrose (CF).Die unheilbare Stoffwechselkrankheit produziert zähen Schleim in den Lungen und verstopft die Bronchien, was zu Bakterienbesiedlung und Entzündungsreaktionen führt. Die richtige Behandlung kann die Lebensqualität Betroffener deutlich verbessern.

Begleitet von kompetentem Team

«Im Caritas Baby Hospital kümmert sich ein Team aus Ärzten, Physiotherapeuten, einer Pharmazeutin, einer Ernährungsberaterin und einer Sozialarbeiterin um 120 Betroffene im südlichen Westjordanland», erklärt Sozialarbeiterin Rabab Kawwas, welche die Familie aus Dura begleitet. Zum Team gehört Dr. Nisreen Rumman, die einzige auf Cystische Fibrose spezialisierte Kinderärztin in der Region. Diesmal ordnet sie für die Dar Mohammeds einen Check der Lungen an. Die Eltern sind erleichtert, dass die Sozialarbeiterin finanzielle Unterstützung zusagt. Alle Tests und Untersuchungen hätten für Qais, Baraa und Ahmed über 500 Franken gekostet. Eine stolze Summe in einem Land, in dem der monatliche Mindestlohn bei umgerechnet 390 Franken liegt. Hilfsbedarf zu erkennen gehört zu den Kernaufgaben der Sozialarbeiterin. Daneben bietet das CF-Team Workshops und Vorträge für Eltern an und bringt Betroffene zum Austausch zusammen.

Anfangs bliebMutter Sahar mit der Diagnose lieber allein. Die Berichte über lange Krankenhausaufenthalte und den frühen Tod der Betroffenen wollte sie nicht akzeptieren. Ahmed, der Erstgeborene, habe ihr Hoffnung gegeben, sagt sie. «Ich sah, dass er sich gut entwickelt und dachte mir, ich will mich damit auseinandersetzen und nicht einfach warten, bis mein Kind abbaut und stirbt.» Dann machte sie sich auf die Suche nach Informationen zu CF. Im Internet traf sie auf Patientinnen und Patienten, die heute Mitte/Ende Dreissig sind und immer noch ein gutes Leben führen. Seit vier Jahren engagiert sie sich in einer panarabischen Austauschgruppe. «Heute», sagt sie, «bin ich bereit, meine Hoffnung weiterzugeben, die meine Kinder mir gegeben haben.»

Wie viele Paare in Palästina sind Riad und Sahar miteinander verwandt. Wenn beide Eltern Träger der verursachenden Chromosomenveränderung sind, liegt die Wahrscheinlichkeit für eine CF-Erkrankung bei 25 Prozent. Auch beim Zweitgeborenen Baraa wurde CF diagnostiziert. Weitere Kinder wollten sie nicht, bis drei Jahre später Qais kam, ungeplant und auch mit einer CF-Diagnose. Wenn andere Sahars Ehemann zu einer Zweitfrau raten, um doch noch gesunde Kinder zu haben, zuckt er verlegen mit den Achseln. Sahar sei doch die Liebe seines Lebens. Und: «Das Ersparte möchte ich lieber für Ahmed, Baraa und Qais zurücklegen als für eine weitere Hochzeit.»

Wichtige Früherkennung

Eine frühe Diagnose und professionelle Behandlung sind für den Verlauf der Krankheit enorm wichtig. Qais und seine Brüder hatten Glück, dass sie früh in das Behandlungsprogramm des Caritas Baby Hospital aufgenommen wurden, das sich als CF-Kompetenzzentrum etabliert hat. Im Vergleich zu vielen anderen Patienten geht es den Jungen gut – auch dank der positiven Einstellung ihrer Eltern. «Wir leben ein normales Leben», sagt der Vater. «Wir haben die Tatsache akzeptiert und unsere Kinder gelehrt, ebenfalls so zu denken.» «Ganz oft vergesse ich meine Krankheit», sagt Baraa, schnappt sich wie seine Altersgenossen das Velo und fährt mit seinen Brüdern auf der Strasse um die Wette.

Andrea Krogmann

 

Der Verein Kinderhilfe Bethlehem mit Sitz in Luzern finanziert und betreibt das Caritas Baby Hospital in Bethlehem im Westjordanland. 50 000 Kinder und Babys werden dort jährlich stationär oder ambulant betreut. Das Behandlungskonzept bindet die Eltern eng in den Heilungsprozess ihrer Kinder mit ein und das Spital verfügt über einen gut ausgebauten Sozialdienst. Mit 250 lokalen Mitarbeitenden ist das Caritas Baby Hospital ein bedeutender Arbeitgeber in der Region. Nur dank Spenden kann das Caritas Baby Hospital seine Aufgaben erfüllen und Kinderleben retten. Weitere Informationen: www.kinderhilfe-bethlehem.ch.