«Ein schönes Erlebnis, ein Fest des Glaubens»

Johannes Paul II. gab den Impuls zur Einführung von Weltfamilientreffen. Seit 2019 gibt es zudem jährliche Deutschschweizer Weltfamilientreffen. Die SKZ sprach mit einem der Initianten und einer teilnehmenden Familie.

Romaine und Andreas Wyer aus Neuheim ZG mit ihren Kindern. (Bild: zvg)

 

SKZ: Wie entstanden die Weltfamilientreffen?
Martin Iten:* Solche Treffen gibt es nun schon seit einigen Jahren seitens der Weltkirche, sie sind aus den Weltjugendtreffen heraus entstanden: Die jungen Menschen hatten Familien gegründet und fragten den Papst um Treffen für Familien an. Bei uns war die Entwicklung ähnlich. Viele von uns waren an den Weltjugendtagen engagiert und haben inzwischen selbst Familien. Wir merkten, dass es für nicht wenige Familien ein Bedürfnis ist, solche Treffen zu haben. Dabei spielte in unseren Überlegungen auch mit, dass hierzulande mehr für die Familienpastoral gemacht werden könnte. Die Weltbischofssynode für Familien und Ehepaare, deren Frucht Amoris Laetita ist, hat uns dabei ermutigt.

Haben die Treffen ein konkretes Ziel?
Die Freude und Schönheit des Glaubens sollen im Zentrum stehen. Auch die Schönheit der Berufung, die Familien aus dem Sakrament der Ehe leben. Daneben sollen die Angebote für Familien, die es in der Deutschschweiz bereits gibt, bekannter gemacht werden. Wir richten uns vor allem an Familien mit kleineren Kindern. Viele haben das Bedürfnis, sich mit anderen Familien auszutauschen oder einen Glaubensweg zu gehen. Sie sollen gestärkt und ermutigt werden, damit sie mit Elan in den Alltag zurückkehren können. Es soll einfach ein Fest für Familien sein.

Nächstes Jahr gibt es wieder ein internationales Treffen, das jedoch dezentral stattfinden soll.
Es fehlen dazu noch konkrete Angaben. Wir möchten diese weltkirchliche Verbundenheit aber auf jeden Fall leben. Wir spüren, dass es für die gesamte Weltkirche ein Bedürfnis ist, mehr mit und für Familien zu machen. Auch wir erachten dies als grosses und vorrangiges Anliegen unserer Zeit.

Sie haben Amoris Laetitia erwähnt.
Papst Franziskus hat mit Amoris Laetita ganz viele Anstösse gegeben, die uns im kirchlichen Dienst Engagierten zu denken geben müssten. Nicht umsonst hat er ein Jahr zu Amoris Laetitia ausgerufen. Die Kirche in der Schweiz dürfte sich meines Erachtens noch ein bisschen mehr mit diesen Impulsen auseinandersetzen.

Wie erleben Sie die Familienpastoral hierzulande?
Da geschieht in den Pfarreien viel Gutes. In unserer Pfarrei gibt es z. B. Familiengottesdienste und eine Willkommenskultur, besonders auch für Kinder. Doch überregional oder überdiözesan findet noch nicht viel statt. Einzelne Gemeinschaften und Bewegungen wie z. B. Schönstatt oder Chemin Neuf machen tolle und wertvolle Angebote. Leider sind sie oft nicht über ihre Kreise hinaus bekannt. Sie bekannter zu machen, ist unser Wunsch. Klar, Familien sind oft regional gebunden, mit Kindern ist man nicht so flexibel, und die Pfarrei bleibt der Ort der geistlichen Beheimatung. Nichtsdestotrotz gibt es auch im familiären Bereich vieles, das überregional abläuft. Wir alle haben doch Beziehungen, die über das Dorf oder die Pfarrei hinausgehen. Das Zusammenkommen mit und das Kennenlernen von anderen Familien bieten die Weltfamilientreffen an. Und wenn wir über die Landesgrenzen nach Österreich, Deutschland oder auch Frankreich schauen, sehen wir, dass dort in der Familienpastoral einiges mehr passiert, was über die Pfarrei hinausgeht. Dies ist uns eine grosse Inspiration: zu schauen, was andere machen, und zu prüfen, was davon bei uns funktionieren könnte.

Wie sind Sie dazu gekommen, an einem Weltfamilientreffen teilzunehmen?
Romaine Wyer (RW): Wir haben uns beim Weltjugendtagtreffen 2000 kennengelernt und haben auch später immer wieder an diesen Treffen teilgenommen. Dann haben wir unsere Kinder bekommen und bald darauf fand das erste Deutschschweizer Weltfamilientreffen statt. Für uns war klar, dass wir daran teilnehmen möchten. Wir hofften, dass das Feeling und die Begeisterung, die wir an den Weltjugendtagtreffen erlebt haben, hier weitergehen.

Und war das so?
Andreas Wyer (AW): Absolut! Nur schon, dass man mit anderen Familien zusammen so etwas erleben kann. Für uns ist auch wichtig, dass wir einmal einen Tag konsumieren können. Wir sind innerhalb der Schönstattbewegung für Familien engagiert, doch da sind es normalerweise wir, die vorbereiten müssen. Hier ist alles organisiert.

RW: Die Organisatoren geben sich grosse Mühe, besonders in Sachen Kinderbetreuung. Sie bieten für die verschiedenen Altersgruppen unterschiedliche Dinge an. Das ist etwas sehr Schönes. Die Kinder kennen sich zum Teil auch untereinander und so treffen unsere Kinder quasi ihre Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Schweiz.

Was gefällt Ihnen besonders an diesen Treffen?
RW: Hier spüren wir, dass bei allen eine Freude am Glauben herrscht. Man muss sich einmal nicht mit der Kritik am Glauben auseinandersetzen. Die ewig gleichen Fragen gibt es hier nicht. Man kann ungezwungen und entspannt daran teilnehmen und weiss, dass es einfach schön wird. Ein schönes Erlebnis, ein Fest des Glaubens.

AW: Der offene, freudige Umgang mit dem Glauben. Zu spüren, dass wir nicht die Einzigen sind, die glauben, sondern dass es noch andere gibt.

RW: Da ist auch für die Kinder wichtig. Dass sie erfahren, dass es noch andere Kinder gibt, die glauben und in den Gottesdienst gehen.

Gibt es etwas, das Sie vermissen?
AW: Für einen wirklich intensiven Austausch fehlt leider die Zeit. Bei anderen Treffen hat man abends, wenn die Kinder im Bett sind, Zeit zusammenzusitzen. Bei einem Glas Wein kommt es dann oft zu einem wirklich tiefen Austausch. Aber das ist natürlich auch nicht das Ziel des Weltfamilientreffens.

RW: Eine Möglichkeit zum Austausch besteht während des Mittagessens. Hier kann man einfach das Essen fassen und sich irgendwo hinsetzen. Es geht sehr locker zu und her und man kann hier Gemeinschaft im Glauben erleben.

Wie erleben Sie die Familienpastoral hierzulande?
RW: Bei uns in Neuheim war Yvonne Weiss für die Familienpastoral verantwortlich. Sie hat das ganz toll gemacht und sich viel Zeit genommen. Sie ist mit uns Familien oft in die Natur gegangen und hat auch Angebote nur für die Kinder gemacht. Hier haben wir wirklich gute Erfahrungen gemacht. Es ist heute schwierig für Familien, da es so viele Angebote gibt. Yvonne Weiss hat es sehr schön gesagt: Wenn sie Angebote für Familien in der Kirche macht, kommen wenig Menschen. Macht sie das gleiche Angebot ohne den Kirchenbezug, kommen viele Menschen. Das gehört zur heutigen Zeit.

AW: Beim Verein VisionFamilie oder in Bewegungen erleben wir die Familienpastoral als wertvoll und positiv. In der «offiziellen» Kirche spüren wir sie nicht so stark. Wenn wir in die Messe gehen, sind wir, abgesehen von den Kindern, meist die Jüngsten. Umgekehrt stellen wir uns selbstkritisch die Frage: Wir sind ja auch Kirche. Was machen wir für die Kirche? Wir sind zwar in der Pfarrei als Lektoren und Ministranten tätig, engagieren uns aber vor allem in Bewegungen oder gehen z. B. in den Gottesdienst von Adoray.

Und was könnten Familien beitragen?
AW: Die religiöse Erziehung erfolgt in erster Linie in den Familien. Ein wichtiger Ansatz wäre, dass man viel mehr «von Laie zu Laie» arbeiten würde. Wir arbeiten ja mit jungen Familien. Da kann man den besten theologischen Vortrag bringen, das zieht nicht. Sie möchten Zeugnisse hören, konkrete Beispiele von Dingen, die gut oder nicht so gut laufen, und das von Ehepaaren. Hier müssten wir stärker versuchen, zusammen den Weg zu gehen, von Familie zu Familie oder von Ehepaar zu Ehepaar. Die Messe ist für viele Menschen schwer zu verstehen. Man müsste mehr praktisch handeln, auf die Menschen zugehen. Sie nicht durch Worte zu begeistern versuchen, sondern durch das Beispiel im Sinne eines Seins-Apostolats.

RW: Einfach vorleben. Oft werden wir gefragt: Wie macht ihr das? Wie geht ihr damit um? Viele Familien möchten den christlichen Glauben mit dem Alltag verbinden können. Ich bin überzeugt, dass eine solche Erziehung Kindern einen inneren Halt gibt.

AW: Männer möchten Männerprobleme gerne mit einem Mann besprechen. Selbstverständlich ist ein Priester auch ein Mann, doch sie möchten lieber mit einem Mann sprechen, der wie sie auch mit der Work-Life-Balance von Arbeit und Familie zu kämpfen hat.

Haben Sie Tipps für die Seelsorgenden?
RW: Mein Tipp wäre: Wenn man selbst keine Familie hat, sollte man Familien einbeziehen. Diese wissen oft, wann günstige Zeiten für Angebote sind oder auf was man alles achten sollte.

AW: Und wenn etwas von Familien kommt, das unbedingt aufnehmen und unterstützen, auch wenn es vielleicht nicht so professionell ist.

Interview: Rosmarie Schärer

 

* Martin Iten (Jg. 1986) ist Vorstandsmitglied von VisionFamilie, die das Deutschschweizer Weltfamilientreffen organisiert. Er war während vieler Jahre verantwortlich für die Weltjugendtage in der Deutschschweiz. Er leitet Anima Una und arbeitet u.a. für «Fisherman.FM» sowie beim «Melchior Magazin».

Am ersten Deutschschweizer Weltfamilientreffen nahmen rund 100 Familien, insgesamt 450 Personen, teil. Das zweite Treffen musste coronabedingt ausfallen. Das dritte Deutschschweizer Weltfamilientreffen findet am 21. August im Kloster Einsiedeln SZ statt mit speziellen Programmen für Eltern sowie für Kinder (nach Altersgruppen), Workshops und einem Konzert von Andrew Bond. Weitere Informationen unter www.weltfamilientreffen.ch