Bibiane Doko ist Reisbäuerin in Benin und hat dank Brücke − Le pont eine grosse Wandlung durchlaufen: «Der Reis, den ich früher produzierte, enthielt viele Kieselsteinchen und andere Fremdkörper. Wegen der schlechten Qualität konnte ich ihn kaum oder nur zu einem sehr tiefen Preis verkaufen. Im Projekt bekam ich eine Ausbildung, neue Arbeitsutensilien und Kontakte zu Händlern. Jetzt produziere ich mehr und besseren Reis. Früher verdiente ich 28 Franken im Monat, heute sind es 280, zehn Mal mehr!»
Sie kann sich nun eine ausgewogene Ernährung für ihre Familie leisten und das Schulgeld ihrer Kinder bezahlen. Ausserdem hat sie das Vertrauen vieler Frauen gewonnen; sie wurde kürzlich zur Präsidentin der Reisgenossenschaft gewählt.
Vom Korn bis auf den Markt
Bibiane Doko ist eine von 4000 Reisbauern, die Brücke − Le pont mit dem Projekt Savalou im Zentrum Benins stärkt. Sie alle lernen in Weiterbildungen, wie sie ihre Erträge erfolgreich steigern und die Qualität ihres Reises verbessern können. Dazu bringt sie die lokale Partnerorganisation von Brücke − Le pont auch mit Saatgut-Lieferanten und Reishändlern in Kontakt.
Das Hilfswerk bezieht immer die gesamte Wertschöpfungskette mit ein. Beim Reis geht das von der Aussaat bis zur Vermarktung des Reises. Nebst den Landwirten bilden sich im Projekt 360 Frauen aus, um den Reis zu hochwertigem Parboiled-Dämpfreis weiterzuverarbeiten. Sie erlernen sowohl die Dämpftechnik als auch Vermarktungsstrategien, damit sie für den besseren und in der Herstellung aufwändigeren Reis auch einen fairen Preis erhalten. Dafür müssen sie zum Beispiel die richtige Verpackung wählen und die Kunden über die gesundheitlichen Vorzüge des Dämpfreises informieren.
Herausforderung Klima
Immer mehr macht den Reisproduzenten das Klima zu schaffen. Thiéry Ezin Baba arbeitet seit 17 Jahren für eine der Partnerorganisationen von Brücke − Le pont in Benin. Er beobachtet die Auswirkungen des Klimawandels mit Sorge: «Lange Trockenperioden, später und unregelmässiger Regen und Windstürme führen dazu, dass ein Teil des Reises nicht richtig reift, manchmal fällt die Ernte sogar ganz aus. Dies hat auch soziale Folgen: Die Reisbauern sind unsicher, wann sie den Reis aussäen und ernten können und welche Reissorten sie verwenden sollen. Wir haben in den letzten Jahren beobachtet, dass die Reisanbaufläche in der Projektregion zurückgegangen ist. Es herrscht eine grosse Ernährungsunsicherheit. Umso wichtiger ist es, dass die Menschen lernen, mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen. Mit dem Projekt Savalou unterstützen wir die Reisproduzenten auf verschiedenen Ebenen: Sie erfahren, wie sie Niederschlagsvorhersagen für ihre Planung nutzen können, welche Reissorten weniger Wasser brauchen und schneller reifen und wie sie mit zeitlich versetzter Aussaat Ernteausfällen vorbeugen können.»
Kleinbauern verschaffen sich Gehör
Angesichts des Wassermangels sind die Landwirte auf Bewässerungssysteme angewiesen. Zum Projekt gehören deshalb auch Schulungen in der Interessensvertretung. Die Teilnehmer lernen, mit Behörden und Organisationen zu verhandeln, die Bewässerungssysteme entwickeln. Bisher hatten kleine Produzenten kaum Zugang zu diesen Systemen, dabei sind gerade ihre Felder auf die Wasserversorgung angewiesen. Da viele Bewässerungsprojekte bestehen, ist es sinnvoller, sich diesen anzuschliessen, als selbst Brunnen oder Anlagen zu bauen.
Für Thiéry Ezin Baba sind die Schulungen ein wichtiges Mittel zur Stärkung der Projektteilnehmer: «Sie bringen sich aktiv ein, ihre Ängste und Schwierigkeiten werden ernst genommen. Aus- serdem lernen sie, wie sie ihre Forderungen am effektivsten bei Entscheidungsträgern vorbringen und erfolgreiche Partnerschaften eingehen. Das ist wichtig, um die Zukunft des Reisanbaus zu sichern und somit die Zukunft aller Menschen, die vom Reis leben.»
Sensibilisierung übers Radio
Nebst der finanziellen und persönlichen Stärkung fördern Brücke − Le pont und ihre Partnerorganisationen auch gesellschaftliche Themen. So engagieren sich die Partner vor Ort gegen Gewalt gegen Frauen und stärken Kinderrechte und die Schulbildung für Mädchen. Ausserdem unterstützen sie Frauen dabei, sich Zugang zu Land zu verschaffen, das sie eigenständig bearbeiten können. Radiosendungen helfen, die Bevölkerung für diese Themen zu sensibilisieren. Das Radio erreicht viele Menschen, informiert und lädt zu Debatten ein, sei es zu Geschlechterfragen oder dazu, was zu einer gesunden Ernährung gehört.
Der Hunger in der Welt lässt sich nicht von einem Tag auf den andern beseitigen, dafür bedarf es auch eines Systemwandels. Entwicklungsprojekte mögen daher wie ein Tropfen auf den heissen Stein wirken, doch für die betroffenen Familien machen sie einen grossen Unterschied. Geschichten wie die von Bibiane Doko zeigen: Gemeinsam können wir viel bewegen.
Fabienne Jacomet