Ihr Wachstum ist beeindruckend. Ihre Vielfalt immens. Die pentekostal-charismatischen Kirchen und Gemeinschaften sind aktuell die dynamischste Kraft innerhalb des weltweiten Christentums. Besonders zeigt sich dies in Lateinamerika, Afrika und Asien. In den Ländern Lateinamerikas gehören die Hälfte und mehr der Protestantinnen und Protestanten einer Pfingstkirche an. Verzeichneten im Jahr 1940 die Pfingstkirchen in Lateinamerika eine Million Mitglieder, so waren es im ersten Jahrzehnt des zweiten Jahrtausends 70 Millionen, mit einer steigenden Wachstumsrate. Gegenüber den Anfängen der Pfingstkirchen sind neopentekostale Gemeinschaften zunehmend auch politisch aktiv. So dass der brasilianische Theologe Leandro L. Bedin Fontana die These vertritt, «dass der Pentekostalismus viel mehr als eine Religion ist und dass die öffentliche, politische Arena einen wesentlichen Bestandteil seines Selbstverständnisses darstellt, ohne die dieses Phänomen gegenwärtig kaum noch gedacht werden kann». Die brasilianischen Soziologinnen Brenda Carranza und Christina Vital da Cunha wiederum sehen in diesen Entwicklungen «eine tiefe, irreversible Transformation des Christentums».
In der Schweiz wachsen die Pfingstkirchen insbesondere durch die Migrationsströme. Migrantinnen und Migranten aus Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens bringen ihre pentekostale Prägung mit. Viele von ihnen weisen in ihrer Biografie eine Konversion im Zuge der Migration auf. Entweder sind sie neu zum Christentum übergetreten oder haben die Konfession gewechselt. Letztere fühlen sich in pfingstlichen Gemeinden mehr zu Hause als in der reformierten oder katholischen Kirche. Diese kommen ihrem Bedürfnis nach Gemeinschaft und Heimat stärker nach. Auch entspricht die Art der Gottesdienste mehr ihrer Ausdrucksweise des Glaubens. Der Basler Theologe Andreas Heuser geht von 600 Migrationskirchen in der Schweiz aus (siehe SKZ 18/2018). Darunter sei der quantitativ stärkste Anteil charismatisch-pentekostaler Prägung. Diese Kirchen verstehen sich transnational und sind international wie regional gut vernetzt. Sie werden von Menschen mit Migrationshintergrund gegründet und/oder geleitet.
Die Pfingstkirchen wurden von der katholischen Kirche lange Zeit kaum beachtet. Das Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen nahm in den 1970er-Jahren ökumenische Gespräche mit den Pfingstkirchen auf. Papst Franziskus sieht deren Dringlichkeit und intensivierte diese. Inwieweit nimmt die katholische Kirche auch an der Basis hierzulande die Pfingstkirchen als neue christliche Kraft ernst und wahr? Inwieweit finden ökumenische Dialoge mit Pfingstkirchen wie Pfingstmission, ICF, Life Church usw. statt? Welches sind die zu besprechenden Fragen und Themen? Der ökumenische Dialog mit den Kirchen und Gemeinschaften pentekostaler Prägung ist ein Gebot der Stunde.
Maria Hässig*