Welches ist das geeignete Firmalter?

7, 11, 15, 18 oder mehr Jahre – in der Schweiz gibt es unterschiedliche katechetische Wege, junge Menschen zum Erwachsenen im Glauben inmitten einer säkularisierten Gesellschaft zu führen.

Firm-Pilgerreise des Pastoralraums Biel-Pieterlen nach San Damiano in Umbrien (I). (Bild: Fachstelle Jugend der röm.-kath. Kirche Biel)

 

So kulturell vielfältig und bunt die Schweiz ist, so unterschiedlich sind die Firmwege in den Pfarreien und Bistümern. Die folgenden vier Beiträge geben einen Einblick und sind in voller Länge als Bonusbeitrag (rechts) abrufbar.

 

Im Glauben von Off- auf Online schalten:
Firmweg in der Seelsorgeeinheit Obersee SG

17 Jahre ist es her, seit im Bistum St. Gallen der Beschluss gefasst wurde, das Firmalter auf 18+ zu setzen. Mittlerweile haben sich die Firmwege unter dem Label «my-next-level» etabliert. Hier eine pastorale Einordnung.

Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass der kirchlich verfasste Glaube seinen durchgängigen und ununterbrochenen Einfluss auf die Menschen von der Wiege bis zur Bahre verloren hat. Für die Pastoral heisst das, umso mehr jene Berührungspunkte zu nutzen, wo die Menschen nach wie vor Kontakt zur Kirche haben oder diesen suchen. Zu einem wichtigen Berührungspunkt und dabei zu einer grossen Chance sind die Firmwege im Bistum geworden. Die grossmehrheitlich positiven Erfahrungen damit zeigen, dass junge Erwachsene und all jene, die sie auf ihrem Weg begleiten und unterstützen, einen Anstoss für das Glaubensleben erfahren, so dass sie glaubensmässig, wie man sagen könnte, vom Offline zum Online wechseln können.

Vor allem für jene, die ihre Anmeldung zum Firmweg nicht aus absolut eigener Überzeugung abschicken und mehr auf Anstoss des Umfeldes darauf reagieren, wird wohl bezüglich Glaube und Glaubensauseinandersetzung der Begriff Offline passen. Beginnend schon in der Pubertät, setzt bei vielen Jugendlichen eine Phase ein, in der sie bezüglich des Glaubens als offline bezeichnet werden können. Offline zu sein bedeutet in der digitalen Welt, dass keine Informationen empfangen werden können. Jugendliche und junge Erwachsene sind für Glaubensfragen eine Zeit lang nicht empfänglich. Umso höher sind darum die Anmeldungen zum Firmweg zu gewichten. Allerdings wäre es falsch, daraus zu schliessen, die zum Firmweg angemeldeten jungen Erwachsenen hätten betreffend Glauben vom Offline zum Online gewechselt. Vielmehr liegt darin gerade die Herausforderung für die Gestaltenden der Firmwege.

Bei den ersten Kontakten auf den Firmwegen zeigt sich oft, dass mit der Anmeldung die Motivation, sich auf den Firmweg einzulassen, noch nicht bei allen im gleichen Mass vorhanden ist. Umso wichtiger ist es, dass die Verantwortlichen für die Firmwege in der Gestaltung des Programms entsprechende Methoden, eine verständliche Sprache und packende Inhalte wählen, die es ermöglichen, dass junge Erwachsene sich gut auf den Weg einlassen können.

Auf dem Firmweg der Seelsorgeeinheit Obersee zum Beispiel, der jeweils im Herbst beginnt und im folgenden Frühjahr mit dem Firmfest endet, werden Gemeinschaftsanlässe genutzt, um Raum für Lebens- und Glaubensthemen zu schaffen. Nebst einem Kennenlern- und Eröffnungsabend gehören zu diesen Gemeinschaftsanlässen auch ein Firmweekend, ein Themenabend mit Begegnungen und Ateliers und eine Firmreise. An den fünf Gruppenabenden wird der Umstand fruchtbar gemacht, dass Gespräche in kleinen Gruppen offener und tiefer gestaltet werden können. Diese Gruppenabende werden von Firmbegleitern, die von Seelsorgern eingeführt, gecoacht und begleitet werden, vorbereitet und durchgeführt. Mit den positiven Erfahrungen, die die jungen Erwachsenen an den Gruppenabenden machen, dass Lebens- und Glaubensfragen in einer offenen und wohlwollenden Atmosphäre angesprochen und diskutiert werden können, gelingt es auch, den «Well-Come-Gottesdienst» inhaltlich vorzubereiten und durchzuführen. Weil der Firmweg auf der Ebene der Seelsorgeeinheit angeboten wird, ermöglichen diese Gottesdienste den Firmweg auf der Pfarreiebene sichtbar zu machen, wo sie willkommen (welcome) geheissen werden. Und umgekehrt werden die Pfarreiangehörigen zum begleitenden Gebet eingeladen, dass es den jungen Erwachsenen auf dem Firmweg gut gehen mag (darum: well) und sie positive Erfahrungen machen dürfen.
Letztlich ist dies das Ziel: Je mehr es gelingt, dass die jungen Erwachsenen mit dem Firmweg eine Lebensphase erleben können, in der sie selbst in Glaubensfragen und in der persönlichen Beziehung zu Gott online sind, desto nachhaltiger wird der Firmweg und damit verbunden die Feier des Firmsakramentes nachklingen.

Jürg Wüst1

 

Eingebettet in eine Weg-Katechese fürs ganze Leben:
Firmwege im Wallis

Im Wallis werden verschiedene Firmwege praktiziert, die sich regional unterscheiden.

Im französischsprachigen Unterwallis führte eine fünfjährige Versuchsphase zu grossen Unterschieden in Bezug auf Firmalter (zwischen 12 und 18 Jahren) und Firmvorbereitung. Der neue Bischof Jean-Marie Lovey wünschte sich nach der Auswertung des Experimentes eine einheitlichere Firmkatechese. Im Dezember 2016 wurden deshalb neue Richtlinien für die Pfarreikatechese in Kraft gesetzt. Danach werden die Kinder in der Klasse 7H (5. Kl.) der Primarschule an das Sakrament herangeführt. Diese Richtlinien betonen, dass Katechese ein kontinuierlicher Prozess ist, der auch Erwachsene betrifft. Die christliche Initiation solle möglichst rasch vollzogen werden, noch während der Zeit der Primarschule. Dies würde den katechetischen Begleitprozess mit Jugendlichen später erleichtern. Das Dokument sieht die Firmung eingebettet in eine «Weg-Katechese» für das ganze Leben. Die gemeinschaftliche, liturgische und diakonische Dimension des Glaubens sollen wesentliche Aspekte dieses katechetischen Ansatzes sein. Die Tatsache, dass der Religionsunterricht im Unterwallis nicht mehr Katechese beinhaltet, führt dazu, dass die Firmvorbereitung vor allem in den Pfarreien geschieht.

Im deutschsprachigen Oberwallis hingegen findet ein grosser Teil der Firmvorbereitung im schulischen Religionsunterricht der Klassen 7H oder 8H (5. oder 6. Kl.) statt. Pfarreikatechetische Anlässe wie «Erlebnistag» und liturgische Feiern unterstützen die Heranführung an das Sakrament. Eine Ausnahme bilden die Pfarreien Leukerbad und Inden. Die Firmvorbereitung erfolgt dort ausserhalb der Schule, und zwar in Leukerbad. Ein besonderer Aspekt dabei ist die bewusste Entscheidung für die Firmung am Ende des Vorbereitungsweges. Die Möglichkeit, das Sakrament der Firmung zu empfangen, besteht am Ende der Schulzeit (2. oder 3. Orientierungsschule). Voraussetzung für den Firmweg ist, dass in der Primarschulzeit der Religionsunterricht besucht wurde. Während der Hinführung an das Sakrament der Firmung ist die Teilnahme an den «Katechetischen Fenstern» und liturgischen Feiern der Orientierungsschule (Oberstufe) obligatorisch.
Anlässe der Pfarrei, Gruppentreffen, gemeinsame Ausflüge, ein Firmling-Paten-Tag und ein diakonisches Praktikum sollen den Jugendlichen ermöglichen, den Glaubensweg selber in die Hand zu nehmen und aktiv zu gestalten, sich in der Pfarrei zu engagieren und Gemeinschaftserfahrungen in der Gruppe zu machen. Die Gruppentreffen dienen der Katechese. Oft finden diese an Sonntagen vor dem Pfarreigottesdienst statt, so dass die Firmlinge anschliessend die Liturgie mitgestalten können. Kranken- und Betagtenbesuche mit dem Pfarrer sowie ein Anlass im Gefängnis Brig sind diakonische Elemente des Firmweges 2018/2019. Dazu kommen Engagements im Rahmen der Pfarrei, wie z. B. ein Arbeitseinsatz zur Gestaltung des Kirchhofes und Mithilfe beim Suppentag zugunsten von Fastenopfer. Besuche im Ursulinenkloster in Brig und in der Bistumshauptstadt Sitten helfen, den Blick über die Pfarreigrenzen hinaus zu öffnen. In Sitten begegnen die Firmlinge auch dem Firmspender, mit dem sie über ihre Firmung ins Gespräch kommen.

Peter Heckel2

 

Generationenübergreifend:
Firmweg in der Seelsorgeeinheit Chasseron-Lac VD

In unserer Seelsorgeeinheit wird die Katechese seit vier Jahren generationenübergreifend in der Gemeinde gestaltet. An den monatlichen Katechesetreffen können Kinder, Jugendliche und Erwachsene teilnehmen, wobei Kinder und Jugendliche von Erwachsenen – Eltern oder Grosseltern – begleitet werden. Jedes Treffen dauert drei Stunden und besteht aus einer heiligen Messe oder einer Wort-Gottes-Feier, einer Unterweisung und anschliessendem Austausch sowie einem generationenübergreifenden oder nach Altersgruppen eingeteilten Atelier. An einem solchen Anlass kann nach dem Empfang der Taufe, Firmung oder Eucharistie gefragt werden. Anfragen für den Empfang des Sakraments der Versöhnung oder der Krankensalbung sind auch möglich.

Nach der Anfrage wird die Bitte um den Empfang des Firmsakraments an einem dafür eigenen Treffen vom Pastoralassistenten, der für die Firmvorbereitung verantwortlich ist, entgegengenommen. Die Firmvorbereitung läuft nicht separat, sondern ist Teil der Katechese. Die Firmanden sind eingeladen, einerseits an den vorgeschlagenen Aktivitäten im Rahmen der Katechesetreffen teilzunehmen. Sie werden dabei, wann immer möglich, von einem Elternteil und einem «Ältesten im Glauben» begleitet. «Älteste im Glauben» sind Pfarreimitglieder, die sich berufen fühlen, freiwillig die Begleitung eines Firmanden zu übernehmen und die auf diese Aufgabe vorbereitet werden. In den Ateliers sind die Firmanden manchmal mit anderen ihrer Wahl zusammen, manchmal nur mit ihrem «Ältesten im Glauben». Andererseits nehmen die Firmanden auf ihrem Firmweg an ganz bestimmten Anlässen teil, die der für die Firmkatechese verantwortliche Pastoralassistent gestaltet. Insgesamt wird während der Firmvorbereitung den Treffen und der Erfahrung des gemeinschaftlichen Glaubens der Vorzug gegenüber dem Unterricht gegeben. Der verantwortliche Pastoralassistent sorgt zudem für regelmässige Treffen zwischen den Firmanden, Eltern und den «Ältesten im Glauben». Er ist Bindeglied zwischen dem Katecheseteam und dem Pfarreiteam und bereitet zusammen mit den «Ältesten im Glauben» die Firmtreffen nach.

Welche Erfahrungen werden mit diesem Firmweg gemacht? Die eindrücklichste Erfahrung ist die Sichtbarkeit der Firmanden für die «normale» Pfarrgemeinde. Die Firmanden besuchen die Pfarrei regelmässig und das ist ein wesentlicher Aspekt des Firmweges. Auf diese Weise werden sie in die Gemeinschaft integriert. Natürlich stellt dieser Firmweg sowohl die Firmanden als auch die Gemeinde vor Herausforderungen. Die grösste Herausforderung scheint im freiwilligen und verantwortungsvollen Engagement der Firmanden zu liegen: der Wechsel von einem Engagement aus Gewohnheit (insbesondere der Familie) zu einem freien und persönlichen Engagement. Die Möglichkeit der Teilnahme am Firmweg ab dem siebten Altersjahr zeigt, dass das Sakrament nicht an ein bestimmtes Alter gebunden ist. Dies kann dazu führen, dass einige diese Möglichkeit als praktisches und schnelles Mittel zum Sakramentenempfang betrachten. Wenn die Firmung ein bewusstes und aktives Engagement in der Kirche impliziert – ein Erwachsener im Glauben inmitten einer säkularisierten Gesellschaft zu werden und zu sein –, ist es dann angemessen, die Firmung schon in jungen Jahren, ohne eine gewisse Reife, zu empfangen? Die Frage bleibt offen …

Sylvie Walter und Pierre Dubois3

 

Ein Weg der Achtsamkeit:
Firmweg im Pastoralraum Biel-Pieterlen BE

Im Pastoralraum Biel-Pieterlen liegt der Schwerpunkt der Firmvorbereitung auf dem Einüben der Achtsamkeit. Denn Gott ist in der inneren Ruhe zu finden. Wir leben in einer Zeit, die von grosser Schnelligkeit geprägt ist. Wir Menschen hetzen von einem Ziel zum anderen. Smartphones und Social Media rauben uns die letzten freien Minuten des Tages. Der Weg zu Gott führt nur selten über den Lärm – vielmehr ist Gott in der Stille und inneren Ruhe zu finden. Wer Ohren hat, der höre, sagt Jesus zu den Seinen. Das Hören aber will gelernt sein.

Seit sechs Jahren begeben sich junge Erwachsene ab dem 17. Lebensjahr im Pastoralraum Biel-Pieterlen ein Jahr lang auf den Firmweg. Dieser Weg ist ein «Weg der Achtsamkeit». Nicht wenige junge Menschen haben den Zugang zu Gott verloren. Gerade Jugendliche, die durch ein liberal-humanistisches Weltbild geprägt sind, haben Mühe mit Kirche und Gott. Die Welt erklärt sich selbst. Der Glaube an ewigen Fortschritt, an die Vorstellung, dass der Mensch alleine alles erreichen kann, hat den Glauben an Gott verdrängt. Daher ist es nicht erstaunlich, dass Forderungen, etwas für das Leben mitzunehmen, auf dem Firmweg etwas Sinnvolles zu lernen, in den letzten Jahren immer lauter geworden sind.
Die jahrtausendealte Erfahrung im Bereich der Spiritualität und Kontemplation ist eine grosse Stärke unserer Kirche. Achtsamkeit und Entschleunigung sind Fähigkeiten, die unabhängig von Gottesvorstellungen wertvoll sind. Wer gelernt hat, seine innere Mitte zu finden, kann das Leben besser meistern. In der Achtsamkeit lernen wir aber auch, den Geist Gottes wahrzunehmen. In unserer Firmkatechese vertrauen wir darauf, dass der Weg der Achtsamkeit auch ein Weg zu Gott sein kann. Daher liegt der Schwerpunkt unserer Firmvorbereitung auf dem Einüben der Achtsamkeit.

Am Anfang des Weges steht das persönliche Gespräch mit den Teilnehmenden. Danach bricht die Gruppe für drei Tage in ein Lagerhaus an einen abgeschiedenen Ort im Jura auf. Dort werden neben biografischer Arbeit und Gesprächen über Menschen- und Gottesbilder vor allem verschiedene Möglichkeiten der Achtsamkeitsübung und Kontemplation gezeigt. Unter anderem erhalten die Jugendlichen erste Einblicke in ignatianische Kontempla- tionsübungen, Heilfasten, Taizégebet und Zen-Medita- tion. In der Fastenzeit belegen die Jugendlichen einen Kurs ihrer Wahl, um selbst vertieft Achtsamkeit und innere Ruhe zu erfahren. Heilfasten mit Säften, ignatianische Kontemplation, Pilgerreisen, Taizégebet und Zen-Meditation gehören zu den meistgewählten Angeboten. Begleitet werden die Jugendlichen je nach Angebot von Freiwilligen oder von Mitarbeitenden im kirchlichen Dienst. Die Jugendlichen investieren je nach Kurs bis zu 80 Stunden ihrer Zeit. Die Ostertage verbringen sie in Umbrien und in der Emilia-Romagna. Dort wird das Erlebte in der Gruppe und in Einzelgesprächen verarbeitet und reflektiert. Schliesslich wird mit dem Besuch des Wallfahrtortes San Loreto versucht, all die gemachten Erfahrungen in der Ruhe des Ortes zu festigen.

Bei einigen Teilnehmenden besteht das Bedürfnis, auch nach dem Firmweg auf dem Weg der Achtsamkeit zu bleiben. So trifft sich eine Zen-Gruppe aus Ehemaligen wöchentlich zur Meditation. Für den Sommer haben einige junge Erwachsene eine Pilgerreise nach Einsiedeln geplant. Sie wollen die Strecke von Biel aus zu Fuss bewältigen.

Philipp Christen4

 

1 Jürg Wüst ist Pfarreibeauftragter in Gommiswald und Mitglied im Seelsorgeteam der Seelsorgeeinheit Obersee.

2 Peter Heckel ist Leiter der Fachstelle Katechese des Bistums Sitten, Kirchenmusiker und Mitarbeiter im Seelsorgeteam Albinen-Inden-Leukerbad.

3 Sylvie Walter und Pierre Dubois sind Mitglieder des Pastoralteams der Seelsorgeeinheit «Chasseron Lac», sie als Koordinatorin und er als Ausbildner.

4 Philipp Christen ist Religionspädagoge und Jugendseelsorger und Leiter der Fachstelle Jugend Biel und Umgebung.

BONUS

Folgende Bonusbeiträge stehen zur Verfügung:

Dokumente