«Wie kostbar und Gott wohlgefällig ist es, Diener der anderen zu sein!» (Papst Franziskus)
Wort der Bischöfe zum Krankensonntag 2016 (6. März 2016)
Liebe Brüder und Schwestern
Papst Franziskus sieht in der Feier des Welttags der Kranken eine Gelegenheit, den Kranken und den Menschen, die sie pflegen, «besonders nahe zu sein». Es überrascht nicht, dass es dem Papst auch in diesem Zusammenhang vor allem um die Nähe zu den Menschen geht, um die Vermittlung der Zärtlichkeit und Barmherzigkeit Gottes, von der er sehr häufig spricht und die er selbst beispielhaft nachzuahmen versucht. Auch das Jahr der Barmherzigkeit, in welchem wir stehen, dient diesem grossen Anliegen.
«Eine Krankheit, besonders, wenn sie schwer ist, bedeutet stets eine Krise für die menschliche Existenz und wirft tiefschürfende Fragen auf.» Der Papst hat Verständnis für diese Krise, für die anfängliche Auflehnung, die mit einer Erkrankung verbunden sein kann, für die quälende Frage, die sie aufwirft: «Warum gerade ich?» Es ist offensichtlich, dass in der Krankheit der Glaube geprüft und empfindlich auf die Probe gestellt wird. Andererseits entfaltet er nach Papst Franziskus gerade in dieser prekären Situation sein ganzes positives Potential. Der Glaube gibt nämlich dem Kranken einen Schlüssel, der ihm hilft zu sehen, dass «die Krankheit Weg zu einer grösseren Nähe zu Jesus sein kann, der mit dem Kreuz beladen an unserer Seite geht».
Dass der Papst seiner diesjährigen Botschaft das Evangelium von der Hochzeit zu Kana (vgl. Joh 2) zugrunde legt, begründet er mit der Tatsache, dass die Hauptfeier des Welttages der Kranken dieses Jahr in Nazareth stattfindet. Nazareth und Kana: Die geographisch nahe beieinander liegenden Orte in Galiläa sind beide mit der Gestalt der Jungfrau Maria eng verbunden. Sie reicht uns nach Franziskus nämlich den besagten Schlüssel des Glaubens. Vor allem ist sie für den Papst ein Symbol der Kirche, ihrer Mütterlichkeit, Zärtlichkeit und Barmherzigkeit, die nicht tatenlos zusieht, wo Menschen in Not geraten. «Wir haben eine Mutter, die einen wachsamen und gütigen Blick hat (…), ein mütterliches und von Barmherzigkeit erfülltes Herz (…), Hände, die helfen wollen», schreibt Franziskus. Das klingt wie der «Cantus firmus» dieses Pontifikates: Nicht Verurteilung, sondern messianische Nähe zu den Menschen in Schwierigkeiten und Not!
Noch ein Weiteres macht das Evangelium von der Hochzeit zu Kana für den Papst deutlich: Das Wunder wirkt Gott, aber nicht ohne die Mitarbeit der Diener! «Wie kostbar und Gott wohlgefällig ist es, Diener der anderen zu sein! Das macht uns mehr als alles Andere Jesus ähnlich, der nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen», schreibt Franziskus. Damit appelliert er an unsere eigene Mitmenschlichkeit in einem Gesundheitssystem, das letztere zunehmend ökonomischen Parametern nachordnet: Der Arzt als «Anbieter» von «Gesundheitsleistungen», der Patient als «Klient», die Gesundheit als «Produkt» im Konkurrenzangebot unterschiedlicher «Dienstleister», im Hintergrund Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung, ja Gewinnoptimierung im Hinblick auf die Finanzierbarkeit und den Fortbestand der eigenen Institution. Aber wo bleibt die unbezahlbare reine Menschlichkeit, die Zuwendung ohne Schielen auf die Zeit, das einfühlsame Zuhören ohne Ökonomisierungsdruck, das nicht quantifizierbare Mitgefühl, die nicht zertifizierbare Mitmenschlichkeit im Gesundheitssystem, ihre Unbezahlbarkeit? Fragen, die wir Bischöfe uns heute stellen. Der Papst weist auf die «namenlosen Personen des Evangeliums», die uns «sehr viel lehren»! Auch wir können wie sie «Hände, Arme, Herzen sein, die Gott helfen, seine häufig verborgenen Wunder zu vollbringen».
Gegen Ende seiner Botschaft nimmt der Papst noch einmal die Anliegen des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit auf: «Jedes Krankenhaus oder Pflegeheim kann sichtbares Zeichen und Ort zur Förderung der Kultur der Begegnung und des Friedens sein, wo die Erfahrung von Krankheit und Leid wie auch die professionelle und brüderliche Hilfe dazu beitragen, jede Ausgrenzung und jede Spaltung zu überwinden.»
Freiburg i. Ü., 10. Februar 2016
Im Namen der Schweizer Bischofskonferenz
+ Marian Eleganti, Weihbischof von Chur