Comic zu Bruder Klaus regt an zum Gespräch

Cover | © canisi-edition

Ein Chronist in mittelalterlichem Gewand hebt an mit einer er­staunlichen Geschichte und be­merkt: «Qui potest capere, capi­at. Wer es fassen kann, der fasse es» (Mt 19,12). Der biblische Satz führt nicht in eine Lateinstunde, vielmehr in eine einfühlsame Dar­stellung des Fassbaren und Un­fassbaren im Leben von Bruder Klaus. Von der ersten bis zur letzten Seite wird das Geschehen mit und um Niklaus von Flüe in sorgfältig entwickelten Bildern erzählt.

Dieser Comic hat es in sich: Von Beginn weg vermitteln die in rea­listischem Stil gehaltenen Bilder die Zeit des frühen 15. Jahrhun­derts. Das karge Leben an den Hängen oberhalb von Kerns, die Arbeit in Haus und Hof, die Ein­bettung des Lebens in religiöse Sitten und Gebräuche, alles an­schaulich geschildert. Eindrück­lich führt der Band in die Lebens­welt des späteren Heiligen. Eine beigefügte Broschüre zeigt den Prozess von der Bleistiftskizze, der Zeichnung mit Tinte bis zur Kolorierung am Computer. Im Interview äussert die gelernte Malerin Marianne Wenger, wie sie ihre eigene Biografie in die Nähe des Ranft und später zur intensiven Beschäftigung mit der Vita des Heiligen führte. Sieben Jahre lang arbeitete sie danach an diesem Werk.

Der Bildband vermittelt die Viel­falt an geschichtlich Fassbarem und reiht in spannender Abfolge Geschehen um Geschehen anein­ander: Die Jugendzeit und die Zeit als Soldat in der Auseinanderset­zung mit den Habsburgern, ohne das Morden zu beschönigen; die Familiengründung mit Dorothee Wyss, die Vermittlungsdienste des zum Politiker Herangereiften bis zum Entschluss, «alle welt­liche Ehre und Gewalt» zu mei­den. Das Werk verdient allein um der lebendigen Schilderung willen besondere Beachtung: Bild und Wort mit anregenden Sprech­blasen sowie nahe an den Quel­len recherchierte Einwürfe des Chronisten helfen, sich der Kul­tur, Religion und Geschichte des Mittelalters anzunähern. Kindge­recht und leserfreundlich für den Schulunterricht (nicht nur kon­fessionellen Religionsunterricht!) sind die Bild-Reihen ebenso, wie sie mit humorvollen Szenen ge­würzt bleiben. Geschichte in dieser Weise in der Primar- und unteren Sekundarstufe zu vermit­teln, bleibt spannend. Und wo das Unfassbare am Wesen und an der Person des Bruder Klaus darge­stellt wird, nimmt der Comic die Lesenden mit auf eigene Suchbe­wegungen im Glauben und fordert letztlich heraus zu Gespräch und Entscheidung für die Friedensbot­schaft aus dem Ranft.

Das Buch sei allen Pfarreien und Kirchge­meinden zur Anschaffung emp­fohlen. Zusammen mit Arbeits­blättern für Unterricht und Ge­spräche in Familien erhältlich bei canisi-edition, Gontenstrasse 47, 9108 Gonten, Tel. 079 780 73 27, www.canisi-edition.com

 


Stephan Schmid-Keiser

Dr. theol. Stephan Schmid-Keiser promovierte in Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie. Nach seiner Pensionierung war er bis Ende 2017 teilzeitlich Redaktor der Schweizerischen Kirchenzeitung. (Bild: zvg)