Der Reformpapst bildet sein neues ständiges Beraterteam
Knapp sieben Monate nach der Papstwahl zeichnet sich – durch Ernennungen und Versetzungen im Vatikan – ab, mit welchem Berater- Team Franziskus die Weltkirche regieren will. Zwar lassen sich die Personalentscheidungen von Jorge Mario Bergoglio schwer auf einen Nenner bringen. Doch zwei Aspekte fallen auf. Zum einen wird evident, dass der Nachfolger des Ratzinger-Papstes die sogenannten „Ratzingerianer“ auf wichtigen Posten durch Kleriker ersetzt, die ihm geeigneter für seinen Reformkurs erscheinen. Zum anderen überrascht, dass Franziskus etliche Nuntien oder Ex-Nuntien auf Führungsposititionen hievt.
Ist dies ein Indiz dafür, dass Franziskus – gerade jetzt, angesichts gravierender Krisen und Kriege, die neue Friedensbemühungen erfordern – der vatikanischen Diplomatie mehr Gewicht einräumt? Diesen Eindruck hat man in Rom. Italienische Vatikan- Journalisten sprechen (übertreibend) schon von einer „Revanche“ der Diplomatie – weil die Nuntien von Benedikt XVI. ja nicht sonderlich geschätzt wurden, wahrend einige von ihnen nun deutlich vorrücken. Aber dies liegt zum Teil sicher auch daran, dass Franziskus die betreffenden Würdenträger persönlich kennen und schätzen lernte.
Das Revirement im Vatikan begann Ende August. Da schickte der Bischof von Rom den nicht unumstrittenen 78-jahrigen Kardinalstaatssekretar Tarcisio Bertone in Pension und ersetzte ihn durch den bisherigen Nuntius in Venezuela, Erzbischof Pietro Parolin. Der aus Venetien stammende Kleriker ist mit 58 Jahren für die Spitzenriege im Vatikan erstaunlich jung. Und er ist im Unterschied zu Bertone eben Diplomat.
Nach der Priesterweihe 1980 war Parolin zunächst Vikar in einer Pfarrei. Die nächsten Etappen? Studium des Kirchenrechts, Aufnahme in die päpstliche Diplomatenakademie, Dienst in verschiedenen Nuntiaturen, dann Wechsel ins vatikanische Staatssekretariat. Dort avancierte er 2002 zum Untersekretar der „aussenpolitischen“ Abteilung und wurde 2009 zum Nuntius in Venezuela ernannt.
Mons Parolin steht im Ruf, ein Spezialist für schwierige Fälle zu sein. Etwa im Hinblick auf das Verhältnis des Heiligen Stuhls zu China und Vietnam sowie auf den Konflikt in Venezuela zwischen dem Regime von Hugo Chavez und den Bischöfen. Er trug in Caracas wesentlich zur Versöhnung bei, weshalb der Nachfolger des verstorbenen Präsidenten Chavez Mitte Juni sogar den Papst in Rom besuchte.
Dies alles nahm den Pontifex für den Italiener ein. Ausserdem spielte eine Rolle, dass Parolin trotz seines Aufstiegs zum Nuntius und Erzbischof stets eine Art schlichter Pfarrer geblieben ist. Er teilt Franziskus´ Vision einer Kirchendiplomatie, die sich nicht auf Macht und Einfluss, sondern auf die christliche Nächstenliebe stutzt und stets „Dienst“ sein will. Jetzt also Parolins Karrieresprung in den Apostolischen Palast, wo der Nuntius allerdings erst am 15. Oktober Staatssekretar wird.
Am 21. September 2013 gab Franziskus weitere Personalentscheidungen bekannt. Kardinal Mauro Piacenza, der 2010 Präfekt der Klerus-Kongregation wurde und als „eiserner Ratzingerianer“ gilt, wird auf den bedeutungslosen Posten als Grosspönitentiar versetzt. Der Grund? Piacenza gilt als erzkonservativ, gerade auch in seiner Haltung gegenüber dem Klerus – gar zu verschieden von dem flexibleren Bergoglio- Papst. Neuer Präfekt der Kleruskongregation wird der Erzbischof und Nuntius Beniamino Stella, bisher Präsident der päpstlichen Diplomatenakademie.
Aufsehen erregte noch ein anderer Wechsel in der Kurie: Erzbischof Nikola Eterović, seit neun Jahren Generalsekretär der Bischofssynode, muss diesen Posten räumen. Er wird als Nachfolger des aus der Schweiz stammenden Mons. Jean-Claude Perisset Nuntius in Deutschland. Formell wohl eine Beförderung, in Wahrheit jedoch eine Abschiebung, die dem Kurs von Franziskus entspricht. Denn in dem Interview für mehrere Jesuitenzeitschriften sagte Franziskus kürzlich klipp und klar: Als Beratergremien seien das Konsistorium und die Bischofssynode zwar der richtige Ort – aber diese Gremien müssten „weniger starr“ operieren.
Zum Nachfolger von Eterović ernannte Franziskus Erzbischof Lorenzo Baldisseri, bisher Sekretar der Bischofskongregation und im vergangenen April Konklavesekretär. Über ihn und Franziskus kursiert eine interessante Episode. Als im Konklave am 13. Marz 2013 die Entscheidung zu Gunsten von Kardinal Bergoglio fiel und ihm (genau wie die Elektoren) auch der Sekretar Baldisseri niederkniend Gehorsam versprach, setzte ihm Bergoglio sein eigenes, nicht mehr benötigtes Purpurbirett auf.
In der Tat kann das neue Katholikenoberhaupt auf der Stelle Kardinale „kreieren“. Baldisseri, fruher Nuntius in Brasilien, hat die Episode selbst im Radio Vatikan erzählt. Was damals prompt weitere Spekulationen ausloste. Der tüchtige Toskaner Baldissseri wird allemal nun sicher ein enger Berater des Papstes.