«Ein Ort des Trosts und der Stärkung»

Das Kloster Disentis erhält mit der restaurierten Klosterkirche nicht nur ein Baudenkmal von nationaler und internationaler Bedeutung. Für Abt Vigeli Monn hat die «Weisse Arche» auch eine Signalkraft für die Menschen.

Klosterkirche St. Martin, Blick nach vorne in Richtung Altarhaus. (Bild: aus «Die Weisse Arche» mit freundlicher Genehmigung des Verlags)

 

SKZ: Wie fühlen Sie sich nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten in der «Weissen Arche»?
Vigeli Monn*: Die ganze Mönchsgemeinschaft fühlt sich in der «Weissen Arche» sehr wohl. Immer wieder hörten wir vor der Restaurierung, dass eine Restaurierung doch gar nicht nötig sei. Die Kirche sei doch noch in einem so guten Zustand. Nach der Wiedereröffnung im November 2019 waren aber alle über das Ergebnis der Arbeiten erstaunt und hocherfreut. Es war wirklich so, als wäre es eine neue Kirche: Die barocke Pracht erstrahlte wieder im vollen Glanz. Aber auch der Komfort durch die neue Heizung und die neuen Fenster war deutlich spürbar, und Lärm und Kälte sind reduziert worden. Mit Freude dienen wir dem Herrn in der Klosterkirche und singen ihm Lobes- und Dankeslieder.

Wie lange haben die Restaurierungsarbeiten insgesamt gedauert?
Bereits 2016/17 wurde die Kirche von Fachleuten untersucht. Schäden wurden aufgenommen und die notwendigen Arbeiten definiert und kalkuliert. Vorgesehen war ein Beginn der Arbeiten im Jahre 2018, doch setzte diesem Plan das vom Bund ausgesprochene Moratorium für die Unterstützung von Arbeiten an Baudenkmälern ein jähes Ende. Ohne diese Gelder war die Finanzierung des Projektes nicht mehr möglich. Im Jubiläumsjahr 2014 (1400 Jahre Kloster Disentis, Anm. d. Red.) wurde dann der offizielle Start fürs Fundraising gegeben, nachdem der Haupteingang der Kirche mit einem Dach vor herunterfallenden Putzteilen geschützt werden musste. Ziel war, 2017 mit den Arbeiten beginnen zu können. Da die Sammeltätigkeit so gut und erfolgreich angelaufen war, konnte bereits 2016 mit den Arbeiten an der Südfassade begonnen werden. Im Jahr darauf kamen die restlichen Fassaden dran. In nur zwei Jahren, 2018 und 2019, wurden die Arbeiten im Innern der Klosterkirche ausgeführt. Den Abschluss der Arbeiten feierten wir am 11. November 2019, dem Fest des heiligen Kirchen- und Klosterpatrons Martin von Tours.

Wo lagen die Schwierigkeiten der Restaurierung?
Sicherlich in der Grösse des Gebäudes und auch in der langen Zeit seit der letzten Renovierung vor etwa 100 Jahren. Und natürlich gab es auch Fragen mit der Denkmalpflege zu klären. Was sollte in welcher Tiefe saniert, restauriert oder renoviert werden?

Wer hat die Restaurierung finanziert und was hat es schliesslich gekostet?
Einen grossen Teil der Kosten übernahmen Bund und Kantone. Grosse Stiftungen und Institutionen sowie verschiedene katholische Kantonalkirchen, aber auch eine ungezählte Reihe von Freunden und Gönnern brachten schliesslich die Summe von 16,1 Mio. Franken auf.

Gibt es für Sie ein persönliches Highlight im Zuge der Restaurierung?
Eines ist sicher die Fertigstellung des Giebelbildes an der Südfassade. Das grosse Schutzmantelmadonna-Bild war zum Teil nicht mehr lesbar und haftete auch nicht mehr so gut auf dem Untergrund. Der weltliche Teil der Schutzbefohlenen war noch einigermassen erkennbar, doch der Teil mit dem Klerus war schon so schlecht, dass mehrere Gesichter neu gemalt werden mussten. Da kam die Restauratorin auf die Idee, Mitbrüder als Modelle für die verschiedenen kirchlichen Würdenträger zu nehmen. So sind nun die Gesichter von sechs oder sieben Mitbrüdern auf diesem Bild festgehalten.

Wie reagieren Besucher auf das nun in neuem Glanz erstrahlende Kloster?
Alle sind hell begeistert. Betont werden die wunderbare Einheit der Kirche, die Helligkeit und die Grosszügigkeit des Raumes. Wenn dann auch noch die Orgel spielt und die Festbeleuchtung eingeschalten ist, meinte schon mancher Gast oder Besucher, das sei himmlisch!

Welche Bedeutung hat und hatte das Kloster für die Menschen?
Das Kloster versteht sich als Ort des Glaubens, der Glaubensvermittlung. Es ist auch ein Ort der Kultur und Kulturpflege. Mit dem Gymnasium und Internat Kloster Disentis und mit den verschiedenen Angeboten im Bereich Seminare und Weiterbildung für Erwachsenen sind wir auch ein Ort der Bildung. Und schliesslich zu diesen schwierigen Zeiten auch ein Ort des Trosts, der Hilfe und der Stärkung.

Interview: Brigitte Burri

 

Buchempfehlung: Benediktinerkloster Disentis. Die «Weisse Arche». ISBN: 978-3-7298-1204-8, CHF 85. www.somedia-buchverlag.ch


Vigeli Monn

* Abt Vigeli Monn (Jg. 1965) trat nach der Matura am Gymnasium des Klosters Disentis und dem Wehrdienst 1986 in Rom in die Schweizergarde ein und 1988 in die Benediktinerabtei Disentis. Er studierte an der Universität Salzburg Theologie, Religionspädagogik und Latein und wurde 1995 zum Priester geweiht. Im Kloster war er Präfekt und Lehrer am Abteigymnasium. 1999 bis 2008 war er Statthalter und damit verantwortlich für die wirtschaftlichen Belange des Klosters; seit 2003 ist er Dekan. 2012 wurde er zum Abt gewählt. www.kloster-disentis.ch

 

BONUS

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