«40 Tage sehen und handeln – Mein Fastenkalender 2013.» Mit diesem T itel begrüsst der neu gestaltete Fastenkalender die Leserinnen und Leser. Der ganze Auftritt der Kampagne ist neu, jugendlicher und zeitgemässer. Auch der Inhalt kommt in einer neuen Form daher. «Sehen und handeln» dient als Leitlinie, um das diesjährige Thema «Ohne Land kein Brot» anzugehen. Wir sehen Ungerechtigkeit – zum Beispiel wie Kleinbauernfamilien vertrieben werden –, und wir tun etwas dagegen. Kennerinnen und Kenner der befreiungstheologischen Exegese werden im Slogan den zweiten Schritt – das Urteilen – vermissen. Doch beginnt Urteilen bereits mit dem Erkennen, was sich hinter der Fassade versteckt, dem Wahrnehmen von ungerechten Situationen – was von der Kampagne mit einer Lupe versinnbildlicht wird.
Zeit der Einkehr und Umkehr
Die Fastenzeit ist liturgisch eine Zeit der Einkehr und Umkehr. Die Zeit der Vorbereitung auf die Ostergeheimnisse, in denen in grosser Intensität das Geheimnis unseres Lebens und der Kern der christlichen Frohbotschaft vergegenwärtigt und gefeiert werden. In der heutigen Welt ist es eine Herausforderung, diese Botschaft so zu vermitteln, dass sie von den Menschen verstanden wird. Fastenopfer stützt sich auf diese Botschaft und stellt den Bezug zu unserem Auftrag als Christinnen und Christen für weltweite Gerechtigkeit und Armutsüberwindung ins Zentrum. Wir alle sind Menschen, in unantastbarer Würde als Geschöpfe Gottes erschaffen. Unser Auftrag besteht darin, allen Geschöpfen den Weg zu einem menschenwürdigen Leben zu eröffnen. Jesus Christus hat sich um die Armen gekümmert, sie waren die ersten Empfänger seiner Frohbotschaft. Rascher als die Privilegierten und Wohlhabenden haben die Armen verstanden, was die Ankündigung des Gottesreiches für ihr Leben bedeutet.
Thema 2013: Ohne Land kein Brot
Es ist kein Zufall, dass die ökumenische Kampagne in der Fastenzeit auch dieses Jahr Aspekte einer wesentlichen Ursache von Armut – die Landfrage – ins Zentrum stellt: Wer keinen Zugang zu Boden hat, ist arm, ausgegrenzt, von Hunger bedroht. Noch immer hungern weltweit mehr als 900 Millionen Menschen, die Mehrheit davon in ländlichen Gebieten. Das Recht auf Nahrung für alle ist undbleibt eine der ganz grossen Herausforderungen. Die Ursachen von Hunger und Armut sind vielfältig. Deshalb fordert uns die Kampagne auf, hinzuschauen, zu «sehen». Angesichts der Vielschichtigkeit und Komplexität der Probleme sind wir – Vertreter der Kirche, kirchliche Mitarbeiterinnen oder einfache Gläubige – oft versucht, zu resignieren, weil wir ja doch nichts tun können. Fastenopfer und Brot für alle zeigen mit ihrer Kampagne deshalb auf, dass es sehr wohl Handlungsmöglichkeiten gibt. Sie ermutigen, zeigen Ansätze von Lösungen. «Handeln» – im Rahmen unserer Fähigkeiten und Möglichkeiten – ist ein wichtiger Ausdruck unserer Glaubenspraxis.
Selbsterkenntnis und Solidarität
Die Hinwendung zu benachteiligten Menschen verändert uns, bekehrt uns, wir kehren um und lassen uns berühren. In den Ausgegrenzten und Armen, in den Strukturen der Ungerechtigkeit den Aufruf Christi an uns Christinnen und Christen zu erkennen, ist ein zentraler Aspekt der Fastenzeit. Der Weg beginnt zuerst bei mir selbst. Auf dem ersten Blatt des neu gestalteten Fastenkalenders steht: «Heute ist ein besonderer Tag: Es ist Aschermittwoch. Ich begebe mich auf eine Reise zu mir selbst.» Die Reise, welche der Kalender mit seinen Anregungen begleitet, führt von mir selbst zu den Menschen, die unsere Unterstützung und gerechtere Strukturen nötig haben, um menschenwürdig leben zu können. Um ein möglichst breites Publikum in und ausserhalb der Kirchen zu erreichen – der Kalender wird in einer Auflage von 1,8 Millionen Exemplaren verteilt –, findet man deshalb auf den Kalenderblättern Anspielungen, die Raum für eigene Interpretationen offenlassen. Wer sich mit Hilfe der religiösspirituellen Anregungen des Fastenkalenders auf die Reise zu sich selbst begibt, entdeckt viel Neues. Wer zu dieser Begegnung mit sich selbst bereit ist, wird offener für andere, kann Ungerechtigkeiten leichter erkennen, sich für andere einsetzen.
Gelebte Ökumene
Zum 44. Mal führen Fastenopfer und Brot für alle die Kampagne gemeinsam durch. Am 10. März feiern die Werke zudem mit einem Gottesdienst in der Augustiner-Kirche in Zürich die zwanzigste Kampagne, an der auch das christkatholische Werk «Partner sein» beteiligt ist. Angesichts einer eher stagnierenden Ökumene und heftiger innerkirchlicher Auseinandersetzungen in der Schweiz ist dieses Zeichen in der heutigen Zeit besonders wertvoll. Die Kampagne manifestiert sich in Hunderten von Kirchgemeinden und Pfarreien in Form von ökumenischen Suppentagen. An gemeinsamen Veranstaltungen informieren sich Kirchenmitglieder in der Diskussion mit Gästen aus dem Süden über ungerechte Situationen. Sie organisieren Filmabende, Diskussionsrunden oder Fastengruppen. Sie unterschreiben Petitionen, welche die Anliegen des Südens aufnehmen und Forderungen an das Schweizer Parlament und den Bundesrat stellen – unter anderem die Initiative gegen Nahrungsmittelspekulation der «Juso». Sie verkaufen als Freiwillige Rosen oder überzeugen die Dorfbäckerei, beim «Brot zum Teilen» mitzumachen. Sie sammeln Geld für Projekte im Süden und ermöglichen damit Menschen vor Ort, sich konkret gegen Hunger, Armut und für mehr Gerechtigkeit einzusetzen. All dies beweist: Die Kirchen haben deutlich mehr zu bieten als interne Querelen und festgefahrene Diskussionen. Mit der ökumenischen Kampagne setzen Fastenopfer und Brot für alle ein positives Gegengewicht: Als Christinnen und Christen stehen wir zusammen, wir schauen hin, wo die Menschenwürde verletzt wird, wir nehmen Einfluss, wo wir Handlungsbedarf erkennen, wo Ungerechtigkeit angeprangert werden muss und wo es Wege der Versöhnung und des Friedens zu suchen gilt. Auf der Basis des christlichen Glaubens arbeiten wir gegen die Hoffnungslosigkeit. Fastenopfer und Brot für alle fordern die Menschenwürde für alle Menschen und fördern sie konkret mit Projekten. Die Werke setzen sich dafür ein, dass die nationale und internationale Wirtschaft und Politik dem Menschen dient. Unter anderem bedeutet dies, Gesetze so zu ändern, dass Firmen mit Sitz in der Schweiz verpflichtet werden, in armen Ländern die Menschen- und Arbeitsrechte zu respektieren und ihre Steuern und Abgaben korrekt zu bezahlen.
Ökumenisch und interreligiös
Die ökumenische Kampagne – in dieser Art weltweit einzigartig – ist ein wichtiges Signal. Es ist möglich, als Christinnen und Christen verschiedener Konfession nicht nur zusammenzuarbeiten, sondern auf unserem Glaubensfundament mit sehr konkreten Aktivitäten, Projekten und Aktionen gemeinsam am Reich Gottes zu bauen. Die christliche Soziallehre als Botschaft und Praxis zeigt auf, wie alle zu gesellschaftlichen Veränderungen beitragen können. Die Gläubigen öffnen sich dabei ganz bewusst hin zu anderen Religionsgemeinschaften und säkularisierten Mitmenschen, sowohl in der gemeinsamen Analyse wie in der konkreten entwicklungspolitischen Arbeit oder Unterstützung von Projekten im Süden. Damit erfüllt das Hilfswerk der Katholikinnen und Katholiken in der Schweiz seinen Auftrag, der im Leitbild festgehalten ist: «… damit sie das Leben in Fülle haben». Um diesen Auftrag zu erfüllen, kann Fastenopfer weiterhin auf die kräftige Unterstützung von vielen tausend Freiwilligen und vielen hundert Seelsorgeteams aus allen Schweizer Diözesen zählen.
Ohne Land kein Brot: Stopp dem Raubzug auf Land
In vielen Ländern des Südens kaufen oder pachten Unternehmen aus wohlhabenden Ländern Land für ihre eigenen Interessen. Immer mehr fruchtbarer Boden oder Wald wird der lokalen Bevölkerung entzogen. Dadurch verschärft sich ihre Armut und Abhängigkeit. «Sehen und Handeln: Ohne Land kein Brot» heisst darum das Thema der Kampagne 2013 von Fastenopfer und Brot für alle. Es werden die verheerenden Folgen des Landraubes unter die Lupe genommen. Mit Ihrer Spende an Fastenopfer tragen Sie dazu bei, dass die arme Bevölkerung in Ländern des Südens ihr Land behalten und selbst bebauen kann.
Mehr Information: www.oekumenischekampagne.ch, Postkonto 60-PC 60-19191-7