Bevorstehende bundesrechtliche Änderungen
Grundsätzlich bevorstehende Änderungen
Ende 2014 verabschiedeten die Eidgenössischen Räte das Bundesgesetz zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der "Groupe d’action financière" (GAFI). Ab 1. Januar 2016 sind daher alle Stiftungen ins Handelsregister einzutragen, somit auch Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen, die bislang nicht eintragungspflichtig waren.1 Diese Eintragungspflicht bringt einige Neuerungen mit sich, welche nachfolgend thematisiert werden sollen.
Zudem hat der Bundesrat dem Nationalrat im April 2015 den Entwurf einer Änderung des Obligationenrechts unterbreitet.2 Gemäss diesem Entwurf würde neu bei Mängeln in der Organisation von im Handelsregister eingetragenen, nicht der Aufsicht unterstellten Stiftungen das Handelsregisteramt die betreffende Rechtseinheit auffordern, den Mangel zu beheben und bei Nichtbehebung die Sache dem Gericht überweisen. Da ab 2016 die kirchlichen Stiftungen ins Handelsregister einzutragen sind, wären sie von diesem Entwurf ebenfalls erfasst.
Hintergrund der bevorstehenden Änderungen
Die zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, der auch die Schweiz angehört) gehörende "Groupe d’action financière" (GAFI) ist ein Gremium, welches mit dem Auftrag eingesetzt wurde, die Methoden der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu analysieren und die Aufdeckung von Vermögenswerten aus illegaler Herkunft zu ermöglichen. Die GAFI publiziert jeweils an die aktuellen globalen Entwicklungen angepasste Empfehlungen, welche international anerkannte Standards zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung bilden. Diese wurden zuletzt 2012 revidiert, vor dem Hintergrund der Finanzkrise und des internationalen Drucks auf das Bankgeheimnis. Es werden darin insbesondere neue Standards bezüglich der Transparenz juristischer Personen gesetzt. So sollen Informationen über juristische Personen und an diesen wirtschaftlich berechtigten Personen öffentlich zugänglich sein. Mit dem Bundesgesetz zur Umsetzung der angepassten Empfehlungen der GAFI wurden diese Standards mit dem Ziel einer höheren Transparenz auf gesetzlicher Ebene umgesetzt.3
Die geplanten Änderungen im Obligationenrecht beruhen demgegenüber auf Überlegungen der Zweckmässigkeit und Effizienz des Rechtsverkehrs; die obligationenrechtlichen Vorschriften über das Handelsregister wurden seit 1937 nicht mehr umfassend revidiert, weshalb sich eine Revision aufdrängt.4
Pflicht zur Eintragung im Handelsregister
Gemäss Art. 52 Abs. 1 ZGB erlangen die Anstalten (worunter auch die Stiftungen fallen) das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister. Stiftungen entstehen somit grundsätzlich erst im Zeitpunkt, in welchem sie in das Handelsregister eingetragen werden. Eine Ausnahme bilden aber bisher die Familienstiftungen und die kirchlichen Stiftungen; gemäss Art. 52 Abs. 2 ZGB bedürfen diese keiner Eintragung. Dieser Abs. 2 wird mit Wirkung ab 1. Januar 2016 geändert. Nach dem neuen Art. 52 Abs. 2 ZGB sind die Familien- und kirchlichen Stiftungen von der Eintragungspflicht nicht mehr ausgenommen. Kirchliche Stiftungen und Familienstiftungen, die beim Inkrafttreten am 1. Januar 2016 bereits bestehen, aber noch nicht im Handelsregister eingetragen sind, müssen die Eintragung ins Handelsregister binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten vornehmen.
Die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister bedeutet für kirchliche Stiftungen, die nach dem Stichdatum 1. Januar 2016 gegründet werden sollen, dass diese sich eintragen lassen müssen, um überhaupt Rechtspersönlichkeit zu erlangen. Am 1. Januar 2016 bereits bestehende Stiftungen bleiben gemäss neuem Art. 6b Abs. 2bis ZGB als juristische Personen anerkannt und somit während der fünfjährigen Übergangsfrist (das heisst bis Ende 2020) als juristische Personen bestehen. Es drängt sich allerdings die Frage auf, was mit Stiftungen geschieht, die sich nicht innerhalb der gesetzlichen Eintragungsfrist eintragen lassen. Gemäss Praxismitteilung des Eidgenössischen Amts für das Handelsregister (EHRA) sollen die bestehenden, aber nicht eingetragenen kirchlichen Stiftungen (und Familienstiftungen) selbst nach Ablauf der fünfjährigen Eintragungsfrist anerkannt bleiben.5 Somit werden Stiftungen auch nach 2021 ihre Rechtspersönlichkeit nicht automatisch verlieren.
Eine pflichtwidrige Nichteintragung kann aber andere Rechtsfolgen zeitigen. Im Vordergrund stehen Massnahmen oder Sanktionen auf Grundlage der Handelsregisterverordnung (HRegV). Da das Handelsregisteramt nicht die Kompetenz hat, die notwendigen Belege wie Statuten selbst zu beschaffen, dürfte eine Eintragung der Stiftung von Amtes wegen im Sinne von Art. 152 Abs. 1 HRegV grundsätzlich ausser Betracht fallen.6 Das Handelsregisteramt fordert aber gemäss Art. 152 Abs. 2 HRegV die zur Anmeldung verpflichteten Personen auf, die Anmeldung innert 30 Tagen vorzunehmen, sofern es von der Existenz der entsprechenden Person weiss. In vielen Fällen dürfte das Handelsregisteramt von diesen nicht eingetragenen Stiftungen mangels anderweitiger Transparenz freilich gar keine Kenntnis haben. Dennoch ist den zur Eintragung verpflichteten Stiftungen zu empfehlen, von sich aus tätig zu werden, auch wenn das Handelsregisteramt keine Aufforderung zur Anmeldung vornimmt. Kommt nämlich die Untätigkeit der Stiftung ans Licht, kann das Handelsregisteramt gemäss Art. 943 Abs. 1 OR eine Busse aussprechen. Des Weiteren können bei vorsätzlichem Handeln Strafbestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB) anwendbar sein, insbesondere die Tatbestände des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Art. 292 StGB, dies aber nur in dem Falle, dass bereits eine Aufforderung zur Eintragung ergangen ist), der unwahren Angaben über kaufmännische Gewerbe (Art. 152 StGB), der unwahren Angaben gegenüber Handelsregisterbehörden (Art. 153 StGB), der Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) und des Erschleichens einer falschen Beurkundung (Art. 253 StGB). Überdies haftet nach Art. 942 OR, wer zur Anmeldung einer Eintragung in das Handelsregister verpflichtet ist und diese absichtlich oder fahrlässig unterlässt, für den dadurch verursachten Schaden.
Ist die kirchliche Stiftung einmal im Handelsregister eingetragen, hat dies primär Auswirkungen auf ihre Transparenz: aufgrund der Öffentlichkeit des Handelsregisters7 werden sowohl die Tatsache des Bestehens als auch weitere wesentliche Informationen (wie Adresse, Zweck, Stiftungsratsmitglieder, Revisionsstelle) publiziert und sind sowohl für Behörden als auch Private öffentlich einsehbar.8 Auswirkungen hat die Eintragungspflicht auch auf die Buchführung. Die sogenannte "Milchbüchleinrechnung", das heisst eine Buchführung lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage, ist nicht mehr ausreichend.9 Erforderlich ist vielmehr eine ordentliche Buchführung nach Art. 957 ff. OR. Überdies wird eine allfällige Betreibung einer kirchlichen Stiftung neu auf dem Weg des Konkurses fortgesetzt.10
Änderungen betreffend das Vorgehen bei Organisationsmängeln
Werden kirchliche Stiftungen ab dem 1. Januar 2016 im Handelsregister eingetragen, sind für diese die registerrechtlichen Vorschriften der Art. 927 ff. OR anwendbar. Nach geltendem Art. 941a Abs. 1 OR stellt der Registerführer bei Mängeln in der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Organisation der Gesellschaft dem Richter den Antrag, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Fehlt beispielsweise ein handlungsfähiges Organ (insbesondere der Stiftungsrat), fordert das Handelsregisteramt die zur Anmeldung verpflichtete Person auf, den Mangel zu beheben, und stellt bei Untätigkeit dem zuständigen Gericht den Antrag, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen (Art. 154 HRegV).
Nach dem neu vorgesehenen Art. 939 Abs. 2 OR soll das Handelsregisteramt (nach Aufforderung zur Mangelbehebung) dem Gericht nicht mehr den Antrag stellen, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, sondern die Angelegenheit dem Gericht direkt überweisen. Diese Präzisierung erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Gerichte in den Zivilverfahren den Handelsregisterämtern teilweise die Rolle einer Partei mit den damit verbundenen Konsequenzen bei der Verteilung der Kosten zugewiesen haben, was vermieden werden soll.11
Besonderheiten beim Verfahren der Eintragung kirchlicher Stiftungen im Handelsregister
Nach der neuen Bestimmung des Art. 6b Abs. 2bis Satz 3 Schlussteil ZGB berücksichtigt der Bundesrat bei den Anforderungen an die Eintragung die besonderen Verhältnisse der kirchlichen Stiftungen. Diese Bestimmung soll die Eintragung auch bei sehr alten kirchlichen Stiftungen ermöglichen, bei welchen nicht mehr alle notwendigen Belege für die Handelsregisteranmeldung auffindbar sind.12 Die Handelsregisterverordnung soll diesbezüglich noch angepasst werden.13
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Zusammenfassende Übersicht
Ab 1. Januar 2016 sind alle Stiftungen ins Handelsregister einzutragen, um Rechtspersönlichkeit zu erlangen (neuer Art. 52 Abs. 2 ZGB), somit auch Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen. Kirchliche Stiftungen, die am 1. Januar 2016 noch nicht im Handelsregister eingetragen sind, bleiben als juristische Personen anerkannt, müssen die Eintragung ins Handelsregister aber bis Ende 2020 vornehmen. Bei Nichteintragung drohen Sanktionen. Durch die Eintragung im Handelsregister werden wichtige Informationen zu den kirchlichen Stiftungen veröffentlicht, was der Transparenz dienen soll und den Hauptzweck der Änderungen bildet. Die Pflicht zum Handelsregistereintrag bringt darüber hinaus insbesondere eine Pflicht zur ordentlichen Buchführung mit sich sowie die Möglichkeit des Handelsregisteramtes, bei Vorliegen von Organisationsmängeln die kirchliche Stiftung zur Behebung des Mangels aufzufordern und bei Untätigkeit die Sache dem Gericht zu überweisen. Kirchlichen Stiftungen, die nicht mehr alle notwendigen Belege für die Handelsregisteranmeldung aufbringen können, stehen erleichterte Eintragungsmodalitäten zur Verfügung. Mit der Eintragungspflicht kirchlicher Stiftungen wird öffentlich, welche kirchliche Stiftungen es überhaupt gibt und wer darin Verantwortung trägt.