Wir geniessen jetzt vielleicht die Natur oder die Berge, spazieren am See, sind auf Reisen oder gemütlich zu Hause, sitzen im warmen Büro vor dem Bildschirm oder verbringen irgendwo sonst unsere Zeit. Vor allem aber stehen wir an der Schwelle zu einem neuen Jahr. Die Zeit schreitet voran, und unter dem Himmel bereitet sich etwas Neues vor. Damit wir zur richtigen Zeit dort sein können, damit wir der Situation gewachsen sind, wird uns mit der Adventszeit eine unverzichtbare Gelegenheit geboten. Diese Zeit ist für uns wie ein Schulmeister. Also lernen wir etwas von dieser Zeit. Es ist eine Zeit der Verfügbarkeit, der Vorbereitung auf das, was geschehen wird.
Zwei Haltungen könnten uns dabei helfen. Sie sind scheinbar gegensätzlich. Die erste sagt uns, aufzustehen, unsere Herzen und Gedanken zu erheben, damit wir auf der Höhe sind: «Sursum corda!» (Erhebet die Herzen!) Wir wollen unsere Interessen, unsere Anliegen, unsere Aufmerksamkeit jener Wirklichkeit zuwenden, in der Christus lebt. «Da uns die Erde nicht genügt, schauen wir in den Himmel», sagte der selige Maurice Tornay. Der Chorherr vom Grossen Sankt Bernhard war Missionar in Tibet und lehrte so die neuen Christen.
Unsere Aufmerksamkeit auf die Wahrheiten des Glaubens zu lenken, ist wahrhaft ein adventlicher Weg, der uns hilft, aufzustehen und weiterzugehen. Am Ende des Advents ist Weihnachten: Wir finden Gott selbst, ein kleines Kind in einer Krippe! Und Mütter wissen das besser als alle anderen: Um einem Baby gleich zu sein, muss man sich sehr klein machen.
Mögen Weinhachten und Neujahr unsere Augen öffnen für die einfache Sache des Lebens. Die ganze Schöpfung ist ein Meisterwerk. Wie bei einem Kunstwerk auf Leinwand befindet sich die Unterschrift des Künstlers in sehr kleiner Schrift unten rechts. Das Weihnachtskind ist die Unterschrift Gottes. Gott hat es dort hingelegt, auf den Boden.
Die zweite Haltung lädt uns ein, uns zu bücken und sehr klein zu machen, denn die grösste Herausforderung am Ende unserer Adventsreise wird sein, auf die Knie zu gehen und Gott vom Boden aufzuheben.
Dieses Programm ist nicht nur für die Adventszeit gültig und auch nicht nur für die Weinhachtszeit. Es ist ein volles Programm für das kommende neue Jahr. Ein Programm des Lebens.
Ich wünsche allen frohe Weihnachten und ein gesegnetes neues Jahr.
+ Jean-Marie Lovey crb, Bischof von Sitten