Reizwort Mission

Am 5. Januar 2018 wurde die Initiative «Mission Manifest» der Öffentlichkeit vorgestellt. Seitdem wurde immer wieder Kritik daran laut. Mission hat für viele noch immer einen fahlen Beigeschmack.

Das Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft der Universität Freiburg i.Ue. organisierte einen Studientag, der auf der Grundlage des «Mission Manifests» (MM) einen Beitrag zur theologischen Klärung der Frage nach Mission in der heutigen Zeit leisten wollte.

Der Auftrag Jesu

«Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern» (Mt 28,19). Diesen Auftrag gibt Jesus seinen Jüngern vor seiner Himmelfahrt. Diesen Gedanken nimmt das Dekret über die Missionstätigkeit «Ad gentes» auf: «Die pilgernde Kirche ist ihrem Wesen nach ‹missionarisch› (d. h. als Gesandte unterwegs), da sie selbst ihren Ursprung aus der Sendung des Sohnes und der Sendung des Heiligen Geistes herleitet gemäss dem Plan Gottes des Vaters» (AG 2). Papst Johannes Paul II. betonte, dass das missionarische Anliegen sowohl für den einzelnen Gläubigen wie für die ganze Kirche das Erste sein müsse, da es die ewige Bestimmung der Menschen betreffe (vgl. Redemptoris Missio 86). Und Papst Franziskus schreibt, «dass das missionarische Handeln das Paradigma für alles Wirken der Kirche ist» (Evangelii gaudium 15).

Doch was ist unter Mission zu verstehen? Ist es das Sprechen von der Hoffnung, die uns erfüllt (Magdalena Hegglin)? Das Hören auf die Zeichen der Zeit (Abt Urban Federer)? Das Erzählen von Jesus als dem Erlöser der Welt (MM)? Ist nicht das karitative Handeln ohne Worte bereits Mission (Daniel Kosch)? Für Gunda Werner bedeutet Mission, sich mit Andersgläubigen an einen Tisch zu setzen und darüber zu diskutieren, wie eine gerechtere Gesellschaft möglich ist.
Kosch findet die Aussage des MM, «Menschen zu Gott zu führen», problematisch. Alle Menschen sind Kinder Gottes und in ihnen wirkt bereits seine Gnade. Werner führte diesen Gedanken weiter: Der Glaube muss dargestellt, nicht hergestellt werden.

Einig waren sich die Teilnehmer darüber, dass missionieren nie bedeuten darf, jemandem etwas aufzuzwingen. «Missionierung ist ein freies Angebot, das nur in Freiheit angenommen werden kann», brachte es Thomas Schumacher auf den Punkt.

Postmoderne Gesellschaft und Mission

Von mehreren Seiten wurde das MM für seine negative Sicht der postmodernen Gesellschaft und der aktuellen Situation der Kirche kritisiert. Werner hielt fest, dass nur, weil nicht mehr vom christlichen Gott gesprochen werde, dies nicht heisse, dass Gott keinen Platz im Denken der Menschen mehr habe, und verwies auf den anonymen Christen bei Karl Rahner. Sie fragte kritisch nach, wer entscheide, dass die Menschheit ängstlich und unglücklich sei, wie es im MM heisst. Die Menschen deswegen missionieren zu wollen, sei eine Ausübung von Macht.
Johannes Hartl hingegen erlebt, dass Menschen der Postmoderne wache Antennen für Spiritualität haben und offen für Zeugnisse von Erfahrungen jenseits von Worten sind. Die Komplexität der heutigen Gesellschaft erforderte eine neue Sprachfähigkeit der Kirche. Suchenden müsse sie in erster Linie etwas für das Herz und nicht für den Intellekt anbieten können. Er wies darauf hin, dass heute viele Menschen nach der Wahrheit suchen, was zu einem Pluralismus der Wahrheit führe. Diesem müsse mit einem qualifizierten Diskurs begegnet werden.

Wie weiter?

Martin Iten verglich die Kirche von heute mit einer Fussballmannschaft: Es wird gespielt, doch eigentlich weiss niemand mehr, was das Ziel ist – das Tor fehlt. Kosch ist hingegen der Meinung, dass es mehr als nur ein Tor gibt. Deswegen müssten die Teamaufstellung, die Taktik usw. immer wieder diskutiert werden. An diesem Bild wurde das unterschiedliche Verständnis von Mission deutlich. Während das MM alle Menschen (wieder neu) zu Jesus Christus als dem Erlöser hinführen möchte, sehen andere keinen Grund für Mission. Alle sollen – salopp formuliert – in ihrem jeweiligen Glauben(sverständnis) glücklich werden und Gutes tun.

Die fair und sachlich geführte Diskussion zeigte, dass noch viele Gespräche über das Verständnis von Mission nötig sind. So forderte denn auch Kosch auf, das MM weiterzudenken, und dies im doppelten Sinn des Wortes: weiterdenken und weiter denken.

Rosmarie Schärer

 

Unter den Referenten waren Abt Urban Federer (Einsiedeln), Dr. Johannes Hartl (Gebetshaus Augsburg), Magdalena Hegglin (ehemalige Präsidentin von Adoray Schweiz), Martin Iten (Leiter des Medienkollektivs Fisherman.FM), Dr. Daniel Kosch (Generalsekretär der Römisch- katholischen Zentralkonferenz), Prof. Thomas Schumacher (Neues Testament, Freiburg i. Ue.) sowie Prof. Gunda Werner (Dogmatik, Graz).

Die zehn Thesen des «Mission Manifests» finden sich unter www.missionmanifest.online