Am 12. März 1622 fand unter Gregor XV. im Petersdom die glorioseste Heiligsprechung des Barocks statt. Denn die katholische Kirche kreierte fünf neue Heilige, vier aus Spanien (die Jesuiten Ignatius von Loyola und Franz Xaver, den Bauer Isidor von Madrid und Teresa von Ávila) und einen Römer (Filippo Neri). Auf diese Demonstration des Einflusses des katholischen Spanien reagierten die Römer mit Humor. Sie sagten, es seien vier Spanier und ein Heiliger gewesen. Aber die Heiligsprechung Teresas war von der gesamten katholischen Welt sozusagen vom «universus ordo» erwünscht. 400 Jahre danach täten wir weiterhin gut daran, bei ihr in die Schule zu gehen.
Ist das innere Beten als Ausdruck der Freundschaft mit Jesus im Bewusstsein seiner Menschwerdung «für uns» der Dreh- und Angelpunkt von Teresas Lehramt, so darf man andere Aspekte nicht gering schätzen. Bei der Erhebung zur ersten Kirchenlehrerin 1970 nannte sie Paul VI. «einzigartig in der Kontemplation und unermüdlich in der Aktion». In der Tat gehört die Entschlossenheit, mit der sie ins Kloster eintritt, immer konsequenter den Weg der Nachfolge Jesu geht und ihre Ordensreform kraftvoll anpackt, zu den prägenden Merkmalen Teresas. Sie hat Jesu Einladung angenommen, sich seinem nicht drückenden Joch und seiner leichten Last (Mt 11,28–30) anzuvertrauen; sie hat sich entschlossen, seine zärtliche Liebe zu erwidern und ermutigt uns ebenfalls zu einem solchen Entschluss, den wir nie bedauern werden, gibt Gott doch «schon in diesem Leben hundert zu eins». Ihren Schwestern empfiehlt sie auf dem Weg des inneren Betens pleonastisch eine «sehr entschlossene Entschlossenheit». Mit einer biblisch geerdeten Spiritualität sieht sie in der Nächstenliebe den besten Ausdruck der Gottesliebe.
Zu ihrem Lehramt gehört auch die Weisheit, mit der sie Demut (humildad) und Geduld (paciencia) als Grundtugenden des geistlichen Lebens immer wieder empfiehlt, oder die Klugheit, mit der sie vor den Pathologien desselben warnt, aussergewöhnliche Phänomene (wie etwa Visionen und Auditionen, Verzückungen und Ekstasen) relativiert und mit beissender Ironie wie sprachlicher Genialität zwischen «Verzückungen» (arrobamientos) und «Verdummungen» (abobamientos) unterscheidet.
Nicht zuletzt gehört zu Teresas Lehramt die Gelassenheit oder grosse Zuversicht, mit der sie jede Trübsal überwindet (auch die Enttäuschungen als Frau in der Kirche ihrer Zeit) und sich bei Gott geborgen fühlt. Sie weiss, dass er bei ihr Wohnung genommen hat und «nicht weggehen wird», dass er sie «nicht im Stich lassen wird», dass nur er ihre Sehnsucht wirklich stillen kann: «sólo Dios basta». Aber ihr «solus Deus» schliesst das «solus Jesus (Christus)» ein. Sie hatte den Menschgewordenen als guten Hirten erfahren, der uns mit seinem «zarten Pfeifen» mitten im Alltag zur Pflege der Freundschaft mit ihm durch inneres Beten einlädt. Auf die endgültige Begegnung mit ihm richtete sich ihre brennende Sehnsucht, wohlwissend, dass diese nur nach Überschreiten der letzten Schwelle in Erfüllung gehen kann (Ex 33,20).
Sie wurde in Ávila geboren und auf Teresa getauft. Aber ihr Programm und ihr Vermächtnis sind im Namen ausgedrückt, den sie als Ordensfrau wählte: Teresa von Jesus. Zu IHM, dem guten Hirten und Herrn der «inneren Burg», will sie uns heute noch hinführen. Denn davon hängt jede Kirchenreform ab.
Mariano Delgado*