Die klein gewordene, treue Gottesdienstgemeinde wird auch heute noch durch Sonntagspredigten, Pfarrblatt, Lokalzeitung und die Gespräche auf dem Kirchplatz erreicht. Viele andere, ich nenne sie «treue Abwesende», haben nur sporadisch Kontakt mit der Kirche. Medien wie die diözesanen Pfarrblätter sind so oft der einzige «Kontakt», den Menschen noch zu ihrer Kirche haben. Die Mantel-Redaktionen arbeiten mit hoher Professionalität betreffend Inhalt und Layout. Die lokalen Seiten jedoch werden in vielen Regionen als «Nebenjob» und mit geringem (Zeit-)Budget gestaltet. Teils beschränken sich die Nachrichten allein auf Gottesdienstzeiten, Taufen, Beerdigungen oder Stiftmessen. Eine verpasste Chance, denn was im kleinsten Lebensumfeld geschieht, stösst auf das grösste Interesse, auch bei kirchenferneren Menschen.
Vor allem in städtischen Seelsorgeregionen ist die Kommunikation ausgebaut worden: In Redaktionsarbeit ausgebildete Mitarbeitende mit journalistischen und/oder PR-Erfahrungen kümmern sich um spannende lokale Inhalte und um ein Layout mit attraktiver Bildsprache, das heutigen Anforderungen entspricht. Sie begleiten das kirchliche Leben in Printprodukten und auf digitalen Kanälen, gestalten Plakate und Flyer oder sind in Kontakt mit Zeitungsredaktionen. Kampagnenarbeit gehört zusätzlich zum Pflichtenheft. Aufgaben, denen heute auch kleinere Gebiete grössere Aufmerksamkeit schenken sollten. Ein fixes Ressort Kommunikation mit definierten Stellenprozenten wäre eine sinnvolle Investition in die Zukunft.
Strategieprozess
Als Ortskirche die breite Öffentlichkeit erreichen zu wollen, übersteigt in der Regel personelle wie finanzielle Kapazitäten deutlich. Mit welchen Mitteln und Inhalten kann wer erreicht werden? Welche Massnahme ist für welche Zielgruppe geeignet? Ist die gesuchte Zielgruppe und ihr Medienverhalten einigermassen bekannt, ist es einfacher, geeignete Kommunikationsmassnahmen zu definieren. Junge Eltern beispielsweise werden per Whatsapp-Nachrichten auf die «Chinderchile» aufmerksam gemacht, Flyer liegen im Kinderhort auf und in den sozialen Medien wird mit einem attraktiven Video-Clip geworben. Die Vorbereitungsgruppe spricht junge Eltern persönlich an und übergibt dazu ein Give-away1. In der Regionalzeitung erscheint begleitend eine Vorschau mit Foto und ein Inserat – das alles wird online gestellt. Durch diese Massnahmen wird die breite Öffentlichkeit sozusagen als Nebenprodukt mitgenommen, bildet aber keine Hauptzielgruppe.
Inhalte definieren
Den Zielgruppen entsprechend ist in einer Kommunikationsstrategie die Tonalität der Kommunikationsinhalte definiert: Gemeinschaft fördernd, Neugier weckend, bestärkend, ermutigend sind mögliche Stichworte. Seelsorgende, Mitglieder von kirchlichen Räten, Vereinen oder Verbänden sind wichtige Botschafterinnen und Botschafter; wie sie zu ihrer Kirche stehen, prägt das Image der Kirche in der Nähe. Missbrauchsverbrechen oder allgemein Unverständliches «aus Rom» überspülen regelmässig das, was Kirche vor Ort leistet. Dem auszuweichen ist der falsche Weg, es braucht jedoch ein gesundes Augenmass. Denn eine Kirche, die sich vorwiegend «im eigenen Saft» dreht und interne Probleme in den Fokus stellt, wird ihrem Auftrag, für die Menschen da zu sein, ihre Freude und Hoffnung, Trauer und Angst zu teilen und die Frohbotschaft durch die Zeit zu tragen, nicht gerecht.
Die abnehmende Kirchenbindung und das verdunstende Grundwissen sind die grössten Herausforderungen. Wird der Glaube nicht in den Familien gelebt und Kirche nicht als sinnstiftende Gemeinschaft erfahren und sind die Erfahrungen bei konkreten Kontakten mit der Kirche, beispielsweise in einem Trauerfall oder der Kindstaufe, schlecht, haben alle weiteren Kommunikationsmassnahmen einen schweren Stand. Und kein digitaler Weg, keine Hochglanzbroschüre und auch nicht der witzigste Video-Clip können die persönliche Begegnung mit glaubwürdigen Christinnen und Christen übertreffen.
Sabine Rüthemann