Wenn man von «der Kirchenmusikerin» oder von «dem Kirchenmusiker» spricht, verwendet man einen Begriff, der für vieles herhalten muss. Das Spannende am Berufsfeld Kirchenmusik ist, dass es von Ort zu Ort und von Person zu Person abhängt, wo die Schwerpunkte der Arbeit als Kirchenmusikerin resp. -musiker sind. Klar gibt es den Organisten, die Chorleiterin, den Bandleader, die Kantorin, den Singanimateur, die Leitung des Instrumentalensembles oder des Kinder-/Jugendchores. Meist umfasst die Anstellung aber eine Kombination dieser Berufsfelder. Das macht den anstellenden Behörden oft Mühe, wenn es um eine Pensenberechnung geht.
Kirchenmusiker und «Hobbyorganisten»
Die Ausbildung zur Kirchenmusikerin resp. zum Kirchenmusiker kann an den Musikhochschulen Zürich und Luzern absolviert werden und wird mit einem Bachelor oder Master abgeschlossen. An der Musikakademie St. Gallen kann ein B-Diplom erworben werden und an verschiedenen Orten ein C-Diplom. Bei all diesen Studiengängen erwirbt man sich die nötigen Kenntnisse, um in der Kirchenmusik tätig zu sein. Zum Curriculum gehören dabei die für die Kirche spezifischen Fächer wie Liturgik, Gottesdienstgestaltung, Kirchenmusikgeschichte, Gesangspraxis, Gregorianik, Liturgiegesang, Hymnologie usw.
Für Musikerinnen und Musiker, die ein abgeschlossenes Studium hinter sich haben und sich die liturgische Kompetenz aneignen möchten, besteht die Möglichkeit, ein CAS oder DAS Kirchenmusik zu machen. Nebenamtliche Musikerinnen und Musiker können die liturgischen Fächer auch besuchen, wobei ihnen empfohlen wird, gleich eine C-, resp. B-Ausbildung anzustreben, um sich auch in den Kernfächern als Chorleiterin oder Organist weiter- resp. auszubilden.
Je grösser die musikalische Verantwortung in einer Pfarrei oder einem Pastoralraum ist, umso grösser sollte auch die liturgische Fachkompetenz sein. Einer Orgelaushilfe genügt es, wenn sie den Ablaufplan mit den Liedern erhält und sie dann die richtigen Tasten erwischt. Eine gewisse liturgische Sensibilität für die Bedürfnisse an Instrumentalmusik im Laufe des Kirchenjahres sollte aber trotzdem vorhanden sein. Wer einen Liedplan erstellt (ja, das wäre eigentlich Aufgabe der Kirchenmusikschaffenden und nicht der Seelsorgenden), der sollte sich in der Liturgie fundiert auskennen. Dies gilt insbesondere für die Chorleitenden, die sich nicht damit begnügen sollten, eine Messe nach der anderen singen zu lassen – auch wenn sie ab und zu durchaus ihre Daseinsberechtigung hat und als kirchenmusikalisches Repertoire auch gepflegt werden soll –, und die den Unterschied zwischen geistlicher und liturgischer Musik kennen müssen. Ein Beispiel aus der Praxis: Es sind Konflikte bekannt, weil der Pfarrer das Singen des Glorias in der Fastenzeit – zu Recht (!) – untersagte. Wenn die Chorleitung nicht weiss, dass in Fasten- und Adventszeit kein Gloria gesungen wird (Ausnahmen gibt es), investiert sie viel Probenzeit für nichts.
Grössere Pensen von Vorteil
Kirchenmusikstellen sind meist Teilzeitstellen. Häufig braucht es zu einer Kirchenmusikstelle eine Ergänzung, sei es in einer anderen Kirchgemeinde und/oder als Schulmusikerin, Klavierlehrer usw. Pastoralräume bieten die Chance, dass ein grösseres Pensum geschaffen werden kann. Dies ist für die Arbeitnehmerseite angenehm, indem sie sich auf die Arbeit an einem oder eventuell zwei Orten konzentrieren kann, statt an vielen Stellen mit Kleinstpensen zu arbeiten. Andererseits ist es für die Seelsorgenden angenehm, wenn man weiss, dass jemand vor Ort ist, von dem man eine gewisse Präsenz ausserhalb von Gottesdiensten und Chorproben erwarten kann. Das ermöglicht es, dass z. B. die Erstkommunion auch im Katecheseunterricht musikalisch begleitet und vorbereitet werden kann oder Ähnliches. Es entlastet, wenn man klar weiss, wer für die Musik in einem Pastoralraum zuständig ist, wer sich um den Orgelunterhalt kümmert, wer die Einsatzpläne macht usw. Natürlich können dies verschiedene Personen sein, aber tendenziell sollten das möglichst wenige sein.
Besonders im derzeitigen Umfeld, wo Messfeiern nicht mehr in gleichem Masse angeboten werden können, ist es sinnvoll, wenn mit der Musik eine Konstanz auch in neuen Formen des gemeinsamen Feierns gefunden wird, resp. wenn sie bereits bei der Suche nach neuen liturgischen Angeboten miteinbezogen wird. Natürlich kann sich eine hauptamtlich engagierte Person nicht aufteilen. Deshalb ist es unumgänglich, dass weitere Personen in einem Kirchenmusikteam mitwirken, die (Ferien-)Vertretungen machen können, die mit Freude die vielfältigen Angebote in einem Pastoralraum mittragen und musikalisch beleben. Die Koordination sollte bei einer Person liegen, die den Überblick über das ganze musikalische Geschehen in einer Pfarrei/Seelsorgeeinheit hat und die weiss, welche spezifischen Anforderungen gestellt werden und wer welche Stärken in die Kirchenmusik einbringt.
Klare Anstellungsverträge
Bei einer Neuanstellung sollte es selbstverständlich sein, dass auch für kleine Pensen eine Prozentanstellung vorgesehen wird. Die Zeiten, in denen man eine «Strichliliste» für die geleisteten Einsätze führen musste, sind definitiv vorbei. Eine Prozentanstellung gibt Sicherheit im Krankheitsfall oder bei Unfall sowie bei der beruflichen Vorsorge, gleichzeitig werden Diskussionen vermieden, wie z. B. eine Sitzung, eine Generalversammlung eines Chores, ein Chorausflug abzurechnen ist; dies gehört dann zur Anstellung dazu. Nebst einem Arbeitsvertrag, in dem Grundlegendes geregelt ist, muss das Pflichtenheft im Detail aufzeigen, welche Präsenz erwartet wird, welche Kompetenzen eingeräumt werden und welche Aufgaben zu erfüllen sind.
Bei der «Strichliliste»-Methode sind Fälle bekannt, wo Zusatzproben und -auftritte des Stelleninhabers angeordnet werden, sodass sein Pensum ausgebaut wird. Hier besteht dann Konfliktpotenzial, wenn die Kirchenverwaltung dies nicht bezahlen will. Deshalb ist bei einer Stellenausschreibung zuerst zu klären, welche finanziellen Mittel für den Lohn der anzustellenden Person zur Verfügung stehen und was die Seelsorgeseite erwartet. Die strategische Ausrichtung einer (zukünftigen) Kirchenmusik oder die Erwartungshaltung an sie sollte spätestens vor dem Vorstellungsgespräch klar sein, ausser man möchte das mit der neuen Stelleninhaberin gemeinsam entwickeln, was auch eine Strategie sein kann. Bei Neuanstellungen ist darauf zu achten, dass die Person in das bereits bestehende Team passt. Insbesondere für Chorleitungen sollten die Chöre ein Mitspracherecht haben. Sie merken schnell, ob die Chemie stimmen wird oder nicht. Die fachliche Kompetenz ist dabei nicht immer das wichtigste Kriterium – sie kann erworben werden –, das Zwischenmenschliche ist manchmal ebenso entscheidend.
Berufsbildbroschüre SKMV
Der Schweizerische Katholische Kirchenmusikverband SKMV hat im Januar seine Berufsbildbroschüre neu herausgegeben. Sie soll inhaltlich verständlich und optisch ansprechend den Interessierten den Beruf der Kirchenmusikerin resp. des Kirchenmusikers näherbringen. Mit den detaillierten Auflistungen, was zu den einzelnen Aufgaben im Bereich Kirchenmusik gehört, ist sie eine Handreichung sowohl für Berufseinsteigende als auch für anstellende Behörden. Was zu Vertrag und Pflichtenheft gehört und was die Aufgaben der anstellenden Behörden sind, wird ebenso erläutert wie die praktische Berechnung des Pensums. Dazu werden sechs konkrete Beispiele erörtert, wie ein Arbeitsfeld aussehen könnte und in welchem Beschäftigungsgrad die Personen anzustellen sind. Die Umsetzung kann kantonal abweichen, aber es ist festzustellen, dass sich immer mehr Behörden nach diesen Empfehlungen richten. Bei Fragen zu Anstellungen helfen kirchenmusikalische Personalver-
bände oder der SKMV gerne weiter.
Thomas Halter