«Ich suchte ihn und fand ihn, den meine Seele liebt – das ist die Erfahrung, die viele Beterinnen und Beter bei der ewigen Anbetung hier im Benediktinerinnenkloster in der Au bei Einsiedeln machen», erzählt Sr. Benedikta Häller. Es ist auch ihre Erfahrung. Vor 60 Jahren trat sie in dieses Kloster ein. Die spezifische Ausrichtung auf die ewige Anbetung war ein Grund, weshalb sie sich für den Eintritt in dieses Kloster entschied, die Stabilitas ein zweiter. Auch Sr. Michaela Kneubühler trat vor 60 Jahren ins Kloster ein. Sie erzählt mir von der Geschichte des Klosters und der ewigen Anbetung.1 Das Benediktinerinnenkloster pflegt die ewige Anbetung offiziell seit 1846. Schon 1780 begannen die Schwestern, inspiriert von der Anbetungsströmung in Frankreich, mit der Anbetung: zuerst am Sonntag und später auch die ganze Woche, jeweils tagsüber. Und dann kam die französische Revolution und mit ihr das Chaos. Die Schwestern flohen 1798 aus dem Kloster und lebten in Privathäusern. Als 1803 die Mediationsverfassung in Kraft trat, wagten zuerst vier Schwestern, in die Au zurückzukehren.
Wandel der Gebetsweisen
«1846 lebten ungefähr 25 Schwestern in unserem Kloster. Sie hielten Tag und Nacht ewige Anbetung. Vor allem im 20. Jahrhundert war es Brauch, dass immer zwei Schwestern miteinander die Anbetung hielten, und in der Nacht war es Aufgabe der jüngeren, die Schwestern für die nachfolgende Anbetungsstunde zu wecken. Das haben wir noch so erlebt», führt Sr. Michaela aus. Und Sr. Benedikta ergänzt: «Ja, und damals gab es für die Anbetungsstunden auch ein dickes Anbetungsbuch mit vorgesehenen, süsslichen Gebeten für jede Stunde. Wir erstellten später eine eigene Gebetssammlung. Auch haben wir früher zu Beginn der Anbetungsstunde den Boden geküsst und das Beten mit ausgebreiteten Armen gepflegt. Das machen wir seit dem Neubau der Kirche nicht mehr. Selbst meditiere ich oft während meiner Anbetungsstunde die Tageslesungen oder ich bete den Rosenkranz. Manchmal formuliere ich eigene Gsätzli zu den Tageslesungen.» Sr. Michaela betont, dass sie sich während der Gebetszeit an etwas festhalte, damit sie nicht ins Träumen komme. Sie bete oft den Rosenkranz. «Manchmal gehen die Anbetungsstunden leicht, manchmal sind sie harte Arbeit.»
Lob-, Dank- und Bittgebet
«Was bedeutet für Sie die Anbetung?», will ich von diesen zwei in der Anbetung erfahrenen Schwestern wissen. Anbetung sei für sie, sagt Sr. Benedikta, ein grosses Lob-, Dank- und Bittgebet. Sie erzählt, dass viele Menschen zu ihnen mit ihren Sorgen und Nöten kommen und um das Gebet bitten. «Wir stehen stellvertretend für sie vor Gott. Und manchmal sind die Schicksale so schwer, dass ich froh bin, sie einfach Gott übergeben zu können. Ich lade die Menschen jeweils ein, beim Beten mitzuhelfen. Wir beten miteinander in den Anliegen, Sorgen und Nöten.»
Sr. Michaela meint: «Für mich ist auch das Chorgebet Anbetung. Heute bete ich anders als in jungen Jahren. Da war ich stürmisch. Jetzt ist mir wichtig: ER ist da, darauf vertraue ich. ER will mein Vertrauen. Viele meinen bei «ewiger Anbetung» das Beten vor dem ausgesetzten Allerheiligsten. Wir hier pflegen seit je die ewige Anbetung ohne eucharistische Aussetzung. Der Tabernakel in unserer Kirche symbolisiert den Dornbusch. Gott ist da. Seine Gegenwart ist das Wesentliche.»
Sr. Benedikta fügt an, dass die ewige Anbetung ohne eucharistische Aussetzung manchmal ein Grund sei, weshalb interessierte Beterinnen und Beter von auswärts dann anderswohin gehen. Aktuell seien es 40 bis 45 Beterinnen und Beter, die sie in der ewigen Anbetung unterstützen. Begonnen habe dies vor rund 30 Jahren. Damals seien einige Frauen aus Männedorf auf sie zugekommen mit der Frage, ob sie bei ihnen Anbetung halten und sie in der ewigen Anbetung unterstützen dürfen. «Wir sagten ja. Zuerst waren es vor allem Frauen, die zum Beten kamen, später auch Männer und Ehepaare. Sie alle schätzen die stille Zeit vor Gott sehr. Viele erzählen mir, dass sie hier das gefunden haben, wonach sie lange suchten.»
Maria Hässig