Absolut – relativ, Schwarz – Weiss, Gut – Böse: Wir leben in einer Welt der Dualität. Seit Anbeginn der Zeit sind wir verschiedensten Spannungsfeldern dieser Welt der Zweiheit ausgeliefert. Um sie als Durchgereiste wieder zu verlassen und vielleicht festzustellen, dass wir sie wohl brauchten, diese Wegweiser zwischen absolut und relativ, Schwarz und Weiss, Gut und Böse, um «edel», «hilfreich» und «gut» zu werden, wie es Goethe in seinem Gedicht «Das Göttliche» beschreibt. Aber was heisst «gut»? Sind wir von Grund auf schlecht? Gar böse?
Bereits die Natur zeigt uns: Gut und Böse gehören zusammen. Seit jeher kämpfen Evolution und Involution gegeneinander und schufen aus der ausgewogenen Gewichtung dieser Gegensätze am Schöpfungsanfang unsere Welt. So ist es nichts als logisch, dass auch der Mensch als Teil der Schöpfung in seinem Wesen aus diesen Gegensätzen besteht. Nicht bei jedem Menschen befinden sich diese Gegensätze in einem gesunden Verhältnis zueinander. Gravierende Erlebnisse können das Verhältnis verschieben, Erlebnisse, die ihn aus seiner Wohlfühloase katapultieren, damit er sich auf den Weg macht. Um zu wachsen. Edler, hilfreicher und gut zu werden.
Gut und Böse sind ergo die Urkräfte gegenständlichen Seins. Sind die zwei Aspekte, die wohl voneinander unterschieden, aber nicht voneinander zu trennen sind. Was für uns bedeutet, dass wir in Formen getaucht wurden, die vor aller Zeit schon vorhanden waren und sich darüber hinaus in steter Veränderung befinden – von Augenblick zu Augen- blick, jeden Wirklichkeitsmoment durchdringend. Diese Abfolge von Begebenheiten – ob gut oder böse – brauchen wir, denn sie geben unserem Leben Sinn und Gehalt, indem wir an ihren Stufen wachsen können. Diese Erkenntnis und damit das Aufwachen aus vermeintlicher Ohnmacht kann helfen, sich in dieser Welt besser zurechtzufinden, sich mit sich und seinen Nächsten zu versöhnen und den unbekannten, höheren Wesen näher- zukommen, die Goethe in der zweiten Strophe1 seines Gedichts anklingen lässt.
Brigitte Burri