Während des Angelus-Gebets am Sonntag der Weltmission, dem 22. Oktober 2017, verkündete Franziskus der ganzen Kirche öffentlich seine Absicht, einen Ausserordentlichen Monat der Weltmission für Oktober 2019 auszurufen. Mit diesem wollte er den 100. Jahrestag des Apostolischen Schreibens «Maximum Illud» von Papst Benedikt XV. feiern. Mit den Vorbereitungen beauftragte Franziskus Kardinal Fernando Filoni und die Päpstlichen Missionswerke (Missio). Als Ziel formulierte Franziskus, dass die Ortskirchen, die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens sowie die Verbände, Bewegungen, Gemeinschaften und andere kirchliche Einrichtungen sensibilisiert werden sollten, «das Bewusstsein der missio ad gentes wieder stärker wachzurufen und mit neuem Schwung die missionarische Umgestaltung des Lebens und der Seelsorge wiederaufzunehmen»1. Der Ausserordentliche Monat der Weltmission steht darum unter dem Thema: «Getauft und gesandt: die Kirche Christi missionarisch in der Welt».
Ein neues Missionsverständnis
Während des Ersten Weltkrieges trat der als «Friedenspapst» bezeichnete Benedikt XV. vehement für einen Verhandlungsfrieden ein, um das millionenfache Töten zu beenden. Es gingen Christen gegen Christen aufeinander los! Nach den Kriegsjahren lagen weite Teile des europäischen Kontinents in Trümmern, auch politisch, und die Landkarte Europas wurde nachhaltig umgestaltet.
In diese Situation hinein veröffentlichte der aus Genua stammende Benedikt XV. mit einem wachen Gespür für die neue Realität am 30. November 1919 das Apostolische Schreiben «Maximum Illud». War bis dahin das Missionswesen eng mit dem Kolonialismus verbunden, bestand der Papst nachdrücklich auf einer Loslösung der katholischen Missionen von den Kolonialmächten. Gleichzeitig forderte er die profunde Ausbildung eines einheimischen Klerus in den «Missionsgebieten», damit sie in Zukunft selbstständig die Leitungsfunktion in ihren Ländern übernehmen können. Damit wertete Benedikt XV. die Ortskirchen ausserhalb Europas auf. Er trat für die Überwindung eines europazentrierten und kolonialistischen Katholizismus ein und hielt fest, dass die Kirche Gottes universal sei und «keinem Volk und keiner Nation eine Fremde» sein dürfe. Und Benedikt XV. anerkannte schon damals die «unglaubliche Kraft» der Ordensfrauen als treibende Kraft für die Weitergabe des Glaubens, besonders in Schulen, Waisenhäusern und Spitälern.
Drei Dimensionen missionarischen Wirkens
Franziskus möchte in diesem Oktober das Bewusstsein für die Mission – «Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung» (Mk 16,15) – in allen Christen wecken. Drei Dimensionen seines Missionsverständnisses sollen hier hervorgehoben werden.
- Mission geht alle an und jeder ist von Natur aus missionarisch: Für Franziskus sind Mission und missionarisches Wirken nicht die Domäne von Fachleuten, sondern Kern- geschäft aller, «das Paradigma für alles Wirken der Kirche», wie er in seiner Schrift über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute schreibt (EG 15). Dies macht er auch in seinem Schreiben für den Ausserordentlichen Monat der Weltmission deutlich: «Es ist ein Auftrag, der uns direkt angeht: Ich bin immer eine Mission; du bist immer eine Mission; jede Getaufte und jeder Getaufte ist eine Mission.»
- Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus: In verschiedenen Ansprachen erteilt der Papst dem Proselytismus eine klare Absage. Im Schreiben für den Oktober 2019 äussert er die Sorge, dass das Leben als Christ wie eine «Verkaufsware» behandelt werden könnte. Für ihn endet Proselytismus in einer Sackgasse, denn Evangelisierung geschieht durch ein überzeugendes Lebensbeispiel und durch Anziehung, nicht durch Masse oder das Besetzen von Räumen. Am Ende ist es der Heilige Geist, der Bekehrungen bewirkt.
- Das Gebet ist die «Seele der Mission»: Es ist erstmalig, dass ein Papst für den Monat der Weltmission ein Gebet – und ein Thema – formuliert hat. Dieses Gebet wird in der ganzen weltumspannenden Kirche im Oktober gebetet, der unter dem gemeinsamen Thema «getauft und gesandt» steht. Franziskus bezeichnet das Gebet als «das erste missio- narische Werk – das erste! – das jeder Christ tun kann und muss und es ist auch das wirksamste, auch wenn es sich nicht messen lässt»2.
Diese drei Dimensionen können Orientierung geben für die Feier des Ausserordentlichen Monats der Weltmission.
Zur Feier des Ausserordentlichen Monats
«Du bist immer Mission» wird mit der internationalen Aktion «#mymission is» aufgegriffen. Christen rund um den Globus setzen ein Zeichen und teilen ihre Mission mit anderen. Mit der Frage «… und deine?» kommen sie in Dialog mit anderen Menschen. Diese Aktion lässt sich in verschiedenen Gruppen durchführen. So kann ein Gespräch entstehen – über die eigene Mis- sion, über den Begriff der Mission, des Proselytismus usw. «#mymission is» verbreitet sich stark über die sozialen Netzwerke.
Wie schon oben erwähnt, gibt es erstmalig ein offizielles Gebet für den Monat der Weltmission. Es steht in verschiedenen Sprachen zur Verfügung und ist eine Einladung, sich persönlich und gemeinschaftlich der Gebetskette von Missio anzuschliessen.
Liturgisch eröffnet wird der Ausserordentliche Monat der Weltmission in der Schweiz mit der Feier des Taufgedächtnisses im Baptisterium San Giovanni in Riva San Vitale TI. Das dem Heiligen Johannes dem Täufer geweihte Baptisterium ist das älteste erhaltene christliche Bauwerk auf Schweizer Boden und hat eine ungebrochene Tradition. Elemente aus dieser Eröffnungsliturgie – Taufgedächtnis, Entrollen des Taufsteintuches, Fürbitten usw. – sollen in den Pfarreien übernommen werden und über den ganzen Oktober einen Bogen spannen. Für den letzten Sonntag im Oktober ist ein Sendungsgebet vorgesehen, das Mut für die Sendung in den Alltag machen soll. Mission ist mit dem 31. Oktober nicht abgeschlossen.
Siegfried Ostermann