Intelligenter Asket mit bissigem Spott

Vor 1600 Jahren starb Hieronymus in Bethlehem. Bis heute ist der Kirchenlehrer vor allem durch seine Bibelübersetzung Vulgata bekannt.

Sophronius Eusebius Hieronymus war eine aussergewöhnliche Person. In einer kürzlich erschienenen Biografie heisst es: «Hieronymus war ein Feind, wie man ihn niemandem wünscht: cholerisch reizbar, schonungslos polemisch, unversöhnlich.»1 Um 347 in Stridon (Dalmatien) in einer christlichen Familie geboren, besuchte er zunächst die dortige Schule. Er war ein intelligenter, aber schwieriger Schüler. Als Elfjähriger wurde er zum Studium der Grammatik und Rhetorik nach Rom geschickt, wo er das Leben nach eigenen Angaben sehr genoss. An Ostern 366 empfing er die Taufe.

Askese als Lebensinhalt

In Trier begegnete Hieronymus dem Mönchtum. Er war davon so begeistert, dass er auf eine Karriere verzichtete und in seine Heimat zurückkehrte, wo er sich einer geistlich-asketischen Gemeinschaft anschloss. Diese löste sich aus unbekannten Gründen nach kurzer Zeit wieder auf. Um 373/4 reiste er in den Osten, um seinem Lebensideal zu folgen, erkrankte aber in Antiochien. Hieronymus nutzte die Zeit, um Griechisch zu lernen und Exegese zu studieren. Er zog sich in die Wüste Chalkis zurück, wo es bereits viele Eremiten und Mönchssiedlungen gab. Doch all seine Bussübungen und Gebete bewahrten ihn nicht vor sinnlichen Begierden und Gewissensbissen. Er lernte deshalb von einem getauften Juden Hebräisch und intensivierte sein Bibelstudium. Hieronymus kehrte nach Antiochien zurück, wo er zum Priester geweiht wurde.

Als er 382 mit einer Delegation griechischer Bischöfe zu einer Synode nach Rom reiste, wurde Papst Damasus (366–384) auf ihn aufmerksam. Dieser erteilte ihm den Auftrag, die lateinischen Übersetzungen der Evangelien aufgrund des Urtextes zu überarbeiten. Eine Arbeit, die er bereits 383 abschloss. Durch sein Eintreten für Jungfräulichkeit, Askese, Schriftlesung und Gebet wurde er zum geistlichen Führer adliger Frauen, unter ihnen Marcella sowie Paula mit ihren Töchtern Blaesilla und Eustochium. Hieronymus erlebte in Rom eine steile Karriere. Doch sein streitsüchtiger Charakter und seine beissende Kritik am Luxus der Reichen schufen ihm auch Gegner. So schrieb er z. B. in einem Brief an Marcella: «Mögen sie ruhig noch schlimmere Spottreden führen, mögen die Dickwanste und vollgepfropften Schmerbäuche gegen uns hetzen!» (ep. 38 Ad Marcellam). Nach dem Tod von Papst Damasus verschlechterte sich seine Lage und er floh mit einigen Begleitern ins Heilige Land. Mit Paulas Geld wurden in Bethlehem ein Männer- und ein Frauenkloster gebaut. Hieronymus stand dem Männerkloster vor, Paula dem Frauenkloster.

Zwischen Arbeit und Auseinandersetzung

Hieronymus widmete sich bis zu seinem Tod intensiv der Übersetzung der Heiligen Schrift sowie Bibelkommentaren und weiteren Texten. Als er die Ungenauigkeiten in der Septuaginta bemerkte, revidierte er die Texte des Alten Testamentes aufgrund des hebräischen Urtextes. Dies brachte ihm viele Gegner ein. Allerdings unterlief ihm auch der eine oder andere Fehler. Einer dieser Fehler ist der Grund dafür, dass Mose auf vielen Bildern mit Hörnern dargestellt wird.2

Unterbrochen wurde seine Zurückgezogenheit durch verschiedene Auseinandersetzungen. So wurde er 393 in den Streit um Origines hineingezogen. Zeitlebens ein Verehrer von Origines, stellte er sich nun auf die Seite von Epiphanius von Salamis und somit gegen Origines. Dies führte zu einem Konflikt mit Bischof Johannes von Jerusalem, der sich bis zur Exkommunikation von Hieronymus und seinen Mönchen steigerte. Eine Versöhnung erfolgte erst 397. Zu keiner Versöhnung kam es hingegen mit seinem alten Studienfreund Rufinus. So schrieb er ihm etwa: «Wenn du Lateinisch schreibst, erweckst du nur den Eindruck, du brummtest etwas vor dich hin in deinen Bart; statt vernünftig voranzuschreiten, torkelst du daher wie eine Schildkröte. Schreib doch Griechisch! Leute, die nichts davon verstehen, glauben dann, du verstündest es» (Contra Rufinum 1,17). Zusammen mit Augustinus bekämpfte er in seinen letzten Lebensjahren den Pelagianismus. 419/20 starb Hieronymus in Bethlehem.

Rosmarie Schärer

 

1 Fürst, Alfons, Hieronymus. Askese und Wissenschaft in der Spätantike. Freiburg i. Br. 2016, 5.

2 Hieronymus übersetzte die hebräischen Buchstaben qrn als Substantiv qeren (Horn), statt als Verb im Perfekt qaran (er hat gestrahlt). Deshalb stieg Mose in der Übersetzung des Hieronymus als «Gehörnter» vom Berg Sinai herunter (Ex 34).

Studienreise: Der Vulgata-Verein bietet vom 13. bis 19. April 2020 die Studienreise «Auf den Spuren des Bibelübersetzers Hieronymus in Dalmatien und Italien» an. Informationen unter www.vulgata-verein.online

Vulgata: Der Vulgata-Verein veröffentlichte 2018 die «Vulgata Deutsch», die erste zweisprachige Ausgabe der kompletten Vulgata mit deutscher Übersetzung. Siehe dazu den Artikel «Lücke in der Forschung füllen» in der SKZ 12/2018.