Im Frühjahr 2020 versetzte das Coronavirus die ganze Welt in den Ausnahmezustand. Gewohntes wurde durcheinandergewirbelt, so auch das kirchliche Leben. Die neue Wirklichkeit forderte die staatskirchenrechtlichen Verantwortlichen auf kirchgemeindlicher, landeskirchlicher und nationaler Ebene stark heraus. Dass das kirchliche Leben in dieser beunruhigenden Situation nicht stillstehen darf, war stets klar. Aber wie sollte es weitergehen?
Digitale Sitzungen
Prioritär galt, die behördlichen Massnahmen zeitnah umzusetzen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und die Risikogruppen zu schützen. Hier waren vor allem die Kirchgemeinden in enger Zusammenarbeit mit den Seelsorgenden vor Ort gefordert. Neben dieser organisatorischen Herausforderung mussten gewohnte Strukturen und Abläufe teilweise von Grund auf überdacht werden. Es galt zu entscheiden, was keinen Aufschub erleiden darf. Gleichzeitig dominierte eine generelle Planungsunsicherheit. Behördliche Gremien wie Kirchenrat und Synodalrat, aber auch das Präsidium der RKZ und die RKZ-Plenarversammlung mussten neue Wege der Beratung und Entscheidung finden. Dies war dank den neuen digitalen Technologien schnell möglich. Zoom-Sitzungen boomten und die Digitalisierung erlebte einen Aufschwung.
Angebote anders weiterführen
Die massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit während des Lockdowns hatte eine lange Durststrecke hinsichtlich seelsorgerischer und sozialer Kontakte zur Folge. Neue Formen des gemeinschaftlichen Lebens und des diakonischen Auftrags waren gefragt. Gefordert waren neben den Verantwortlichen auf Kirchgemeinde- und Pfarreiebene die Mitarbeitenden von landeskirchlichen Fachstellen. Bisherige Unterstützungs- und Beratungsangebote für Pfarreien und Kirchgemeinden konnten nicht wie gewohnt weitergeführt werden. Gleichzeitig war klar, wie wichtig gerade jetzt Präsenz und Unterstützung sind. Die besondere Situation verlangte von den Mitarbeitenden Improvisationstalent und Kreativität. Gerne verweise ich in diesem Zusammenhang exemplarisch auf die Webseite
der Luzerner Landeskirche. Hier finden sich unter «Kirche und Corona» hilfreiche und inspirierende Impulse und Links (www.lukath.ch/corona). Drei Beispiele will ich erwähnen:
- «Die grosse Pausetaste»: Anregungen für die in der Kirche Tätigen, auf die Zeit des Lockdowns zurückzublicken, und Ermutigungen, Schwieriges loszulassen, Bereicherndes zu ernten und in die «neue Normalität» hineinzutragen.
- «Abschied nehmen und trauern auf Distanz»: Impulse für jene Zeit, in welcher Begräbnisse und Abschiedsfeiern nur im engsten Familienkreis stattfinden durften.
- «Für Menschen mit einer Beeinträchtigung»: digitale Angebote wie spirituelle Songs, Geschichten und Texte zum Thema «Hoffnung».
Die letzten Monate waren weltweit eine der grössten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Da war und ist noch immer viel Leidvolles und Bedrohliches. Gleichzeitig kann dieser Zeit auch Gutes und Stärkendes abgewonnen werden. Der Wert von alltäglicher Zusammenarbeit im Team und von Sitzungen vor Ort wurde auf neue Art bewusst. Zudem haben wir gelernt, was dank dem Einsatz von neuen Technologien und modernen Medien möglich ist, und dass Homeoffice auch Vorteile hat. Die Krise bot überdies die Chance, Gewohntes zu überdenken, zu bereinigen und neu aufzustellen. Innovation war gefragt. Zugleich wurde uns vor Augen geführt, wie verletzlich wir sind und wie wichtig es ist, kranken und sterbenden Menschen nahe zu sein. Daraus ergibt sich über die Pandemie hinaus eine Priorität für die Förderung seelsorgerischer Kompetenz, auch im Einsatz von Personal und Geld. Corona hat uns zudem gezeigt, dass es auch mit weniger geht. Mit Blick auf die immer drängendere Sorge um das Klima gilt es, auch daraus zu lernen und auch als Kirche einen bescheideneren Lebensstil zu entwickeln.
Renata Asal-Steger