Nigeria ist mit rund 200 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Es steckt in einer grossen Krise, die ihre Wurzeln in der Geschichte Westafrikas hat. Die koloniale indirekte Herrschaft Lord Lugards1 bereitete den Boden für eine langjährige Dominanz des islamischen Fulani-Stammes. Auch die aktuelle Krise wird von dieser ethnisch und religiös militanten islamischen Bewegung aus dem Norden des Landes gesteuert.
Ethnische und religiöse Konflikte
Die aktuelle Regierung toleriert Einschüchterungen und Attacken auf Christinnen und Christen durch Milizen der Fulani. Damit sind ethnische Säuberungen in vielen Landstrichen blutige Realität. Ihren Anfang nahm diese fatale Entwicklung 1914 mit dem britischen Zusammenschluss von Nord- und Südnigeria, weiter verschärft wurde sie durch die schlecht vorbereitete Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1960. Die politische Dominanz der Fulanis, der Kampf um das Erdöl und die Unterdrückung des südöstlichen Teils führten Nigeria 1967 in einen dreijährigen Bürgerkrieg. Nach dem Krieg stürzte das Land, ohne wirkliche Versöhnung und echte Aufarbeitung der traumatischen Erfahrungen, in eine bis heute andauernde Krise mit anhaltenden Konflikten zwischen den verschiedenen Stämmen. Zudem sehen die Islamistinnen und Islamisten ihre politische Dominanz als Chance, die Islamisierung des ganzen Landes voranzutreiben.
Unsicherheitsfaktor
An dieser Entwicklung vermochten auch einzelne Präsidenten aus dem überwiegend christlichen Süden nichts zu ändern. Dabei machen die Christinnen und Christen rund 45 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Das Land bleibt geteilt zwischen Landstrichen mit der Verfassung als Rechtsgrundlage und Landesteilen, wo zusätzlich die islamische Scharia angewandt wird. Noch nie war es in Nigeria so unsicher und gefährlich wie seit 2015. Hunderte Männer, Frauen und Kinder werden jedes Jahr von marodierenden Gruppen der Boko Haram und der Fulani entführt, gekidnappt und auch getötet.
Hilferuf
Die Öffentlichkeit im Land ist gelähmt. Viele schauen machtlos auf diese Entwicklung; auch weil der aktuelle Präsident Muhammadu Buhari2, selbst ein Fulani, zu wenig dagegen unternimmt. Die Zustände sind mittlerweile so desolat, dass sie alle im Land betreffen und Nigeria ein fast unabwendbarer Zusammenbruch droht. In vielen Teilen des Landes fordern die Menschen vehement eine komplette politische Umgestaltung des Landes mit einer neuen Verfassung. Wenn nicht schnell politisches Umdenken und eine Erneuerung der rechtlichen Grundlagen einsetzen, stehen die rund 80 Mio. Christinnen und Christen im Land vor einer unausweichlichen Katastrophe.
Appell der Bischöfe
In dieser Situation und nach zahlreichen erfolglosen Friedensbemühungen sowie einem Appell an die Regierung haben sich die katholischen Bischöfe entschlossen, einen dringenden Appell um Hilfe und Beistand an die Weltöffentlichkeit zu richten. Mit ihnen bitte ich alle Mitchristinnen und Mitchristen um ihr Gebet und ihre Unterstützung für Nigeria.
Innocent Udeafor