«Nur in 40 Pfarreien gibt es Kirchensteuern»

Im Gegensatz zur Deutschschweiz kennt der Kanton Tessin kein duales Kirchensystem. Diese Situation hat Auswirkungen auf die Finanzierung der Diözese und ihrer Projekte.

Die Kathedrale San Lorenzo in Lugano. (Bild: chris j wood/Wikimedia)

 

SKZ: Wie sind die Kirchensteuern in der Diözese Lugano geregelt?
Finanzverwaltung der Diözese Lugano: Das «Decreto legislativo concernente l’imposta di culto delle Parrocchie» vom 10. November 1992 und das «Regolamento di applicazione del decreto legislativo sull’imposta di culto» vom 3. Februar 1993 regeln die wesentlichen Aspekte der Kirchensteuer. Der Steuersatz wird vom Pfarreirat auf Grundlage des von der Pfarreiversammlung beschlossenen Bedarfs festgelegt und die Steuer zusammen mit der ordentlichen kantonalen Steuer eingezogen. Die Steuer wird von allen natürlichen und juristischen Personen erhoben, die zu Beginn des Kalenderjahres in das Steuerregister einer bestimmten Pfarrei eingetragen sind. Eine Steuerbefreiung kann jeweils für das folgende Kalenderjahr beantragt werden. Für die Erhebung der Steuer ist die Pfarreibehörde zuständig.

In einigen Orten werden Kirchensteuern verlangt. Werden diese auch bezahlt?
Nur in 40 der 249 Pfarreien wird die Kirchensteuer erhoben. Der Steuerertrag entspricht jedoch nicht immer den Erwartungen. Oft hat eine Pfarrei keine ausreichenden Mittel, um die Steuer einzuziehen und zieht es deshalb vor, um einen freiwilligen Beitrag zu bitten. Wichtig ist, dass der Gesetzgeber keinen Automatismus zwischen der Befreiung von der Kirchensteuer und dem Austritt aus der Kirche vorgesehen hat. Daher bleibt ein Pfarreimitglied, das aus der Steuerliste gestrichen wird, in der Pfarreiliste eingetragen und kann seine Rechte und Pflichten in kirchlichen Angelegenheiten weiterhin in der Wohnsitzgemeinde wahrnehmen.

Werden diese Steuereinnahmen nur in diesen Orten verwendet oder werden damit auch andere Pfarreien unterstützt?
Jede Pfarrei ist verpflichtet, sich jährlich an einem überpfarreilichen Ausgleichs- oder Solidaritätsfonds zu beteiligen. Dies ist aber nicht immer möglich.


Wovon lebt die Kirche?
Die Diözese finanziert sich vollumfänglich selbst, vorwiegend aus ihrem Immobilienvermögen. Die überwiegende Mehrheit der Pfarreien1 (191) hingegen erhält einen Beitrag von den politischen Gemeinden, oft aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung, einer besonderen oder gewohnheitsmässigen Abmachung oder als Folge des Einzugs von bestimmten Vermögenswerten in der Vergangenheit. Die übrigen Pfarreien (18) erhalten nur einen freiwilligen Beitrag. Alle Pfarreien werden ermutigt, wo immer möglich, Einkommen aus ihrem Besitz zu generieren.

Welche Auswirkungen haben die fehlenden Kirchensteuern auf die Pastoral?
Die pastorale Tätigkeit basiert hauptsächlich auf ehrenamtlicher Arbeit; wie fast alle kirchlichen Engagements in der Diözese Lugano (mit Ausnahme der Pfarrer und Vikare). Das macht das System besonders flexibel und anpassungsfähig an die Realität der Pfarreien. Gleichzeitig erschwert aber der Mangel an Ressourcen die Organisation und verlangsamt und begrenzt viele Planungen auch im pastoralen Bereich.

Interview: Rosmarie Schärer

 

1 Hier sind die 209 Pfarreien gemeint, die keine Kirchensteuer einziehen.

 

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