Der Monat der Weltmission steht unter dem Leitwort «Schweigen? Unmöglich!». Es ist die Kurzform der Antwort von Petrus und Johannes an die religiösen Autoritäten in Jerusalem, die ihnen die Predigt im Namen des auferstandenen Jesus Christus verbieten wollen. «Wir können nicht schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben», heisst es in der Apostelgeschichte (4,20). Die beiden können nicht anders, weil sie das heilende Wirken Gottes in Jesus erfahren haben – in ihrem Leben und im Leben vieler anderer. In diese Dynamik der Verkündigung will uns das Leitwort einladen: Sprechen wir über das, was wir als «barmherzige Liebe Gottes» erfahren haben, wie es Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Sonntag der Weltmission formuliert. Gerade in der gegenwärtigen Situation fordert Franziskus uns auf, durch unser authentisches Zeugnis zu «Missionarinnen und Missionaren der Hoffnung» zu werden, um der missionarischen Dimension der Kirche Gestalt zu geben.
Gastkirche Vietnam
Missio richtet im Oktober den Fokus auf die Gastkirche Vietnam. Die Anfänge der katholischen Kirche in Vietnam reichen bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zurück. 1533 erreichten Jesuiten aus Europa den Norden des Landes. Eine äusserst wechselvolle Geschichte mit blutigen Christenverfolgungen führte die Kirche ins 21. Jahrhundert, wo sie sich neuen Herausforderungen stellen muss, um den Laien eine aktivere Rolle im Leben und der Sendung der Kirche geben zu können.
Nach innen ist die Kirche in Vietnam frei, denn Religions- und Glaubensfreiheit sind in der Verfassung festgeschrieben. Aber nach aussen muss sie trotzdem vorsichtig agieren: Sie steht unter Beobachtung durch die kommunistische Regierung wie alle anderen religiösen Gemeinschaften auch. Der Handlungsspielraum ist deshalb eingeschränkt. Trotzdem machen sich Pfarreien und Orden stark für die vielen Binnenmigrantinnen und -migranten und engagieren sich in den Kindergärten. Während der Pandemie haben sich viele Pfarreien durch ihr diakonisches Engagement für Familien in Not, Alte und Kranke ausgezeichnet. Sie betreiben Suppenküchen und bieten kostenlose medizinische Versorgung an. Die Jugendgruppen aus verschiedenen Pfarreien sind dabei auf kreative Weise aktiv: Sie verkaufen Secondhand-Artikel, um mit dem Geld in Not geratene Menschen zu unterstützen. Mit diesem Einsatz werden sie zu «Boten der Hoffnung». Eine von ihnen ist die junge Englischlehrerin Quynh Nhu Le Nguyen aus Ho-Chi-Minh-Stadt. Seit vielen Jahren ist sie in ihrer Pfarrei auch ehrenamtlich als Katechetin tätig. Stellvertretend für die Gläubigen in Vietnam wollen wir an Nhu Le Nguyen Postkarten mit einem Grusswort schicken, als kleines, aber wichtiges Zeichen der Verbundenheit und Geschwisterlichkeit.
Materielle und spirituelle Unterstützung
Am vorletzten Sonntag im Oktober wird weltweit der Sonntag der Weltmission gefeiert. Dabei wird eine Kollekte aufgenommen, die in den sogenannten «Solidaritätsfonds» fliesst. Sie ist die grösste Solidaritätsaktion der Katholikinnen und Katholiken weltweit. Denn in allen Pfarreien in über 110 Ländern beteiligen sich die Gläubigen an dieser Kollekte.
Aus diesem Solidaritätsfonds erhalten jährlich über 1100 Diözesen eine Grundversorgung für die Verkündigung des Evangeliums; an die Katechetinnen und Katecheten geht dabei ein Drittel des Geldes! In vielen Ländern animieren und leiten diese das Leben in den Gemeinden und sind so die Säulen der kirchlichen Gemeinschaft. Wir stärken ihnen mit dieser Kollekte den Rücken für ihre Arbeit in oft schwierigen Kontexten und setzen ein starkes Zeichen, dass wir sie gerade jetzt nicht fallen lassen, weder materiell noch spirituell.
Siegfried Ostermann