Präventionskurse
Die Diözese hat die Stiftung ASPI (Fondazione della Svizzera italiana per l‘Aiuto, il Sostegno e la Protezione dell‘Infanzia)1 mit der Durchführung obligatorischer Kurse für Priester, Diakone, Seminaristen, Schulreligionslehrer und Katecheten beauftragt. ASPI ist in der italienischen Schweiz die wichtigste Anlaufstelle betreffend Rechte und Selbstbestimmung von Kindern im Alter von 0 bis 18 Jahren. Aus diesem Grund beschloss die Diözese, mit dieser Stiftung zusammenzuarbeiten, um Professionalität und Seriosität in der Prävention zu gewährleisten. Diese Organisation hat für die oben genannten Personengruppen zwei Schulungstage organisiert und durchgeführt. Ab September 2024 werden dieselben Kursteilnehmer, verteilt über das gesamte Bistumsgebiet, wieder zusammenkommen, um den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen (Schulung und kontinuierliche Prävention).
Intervention und Bearbeitung der Meldungen
Berichte, die den Bischof oder die diözesane Expertenkommission erreichen, werden an die beiden auf der diözesanen Webseite2 angegebenen Kontaktpersonen weitergeleitet. In der Regel treffen sich die Kontaktpersonen mehrmals mit der Person, welche die Meldung gemacht hat, und erstatten der diözesanen Expertenkommission danach Bericht. Sobald die betroffene Person dazu bereit ist, wird eine Zusammenfassung des Falles erstellt, welche vom Betroffenen unterzeichnet wird. Sollte der Fall verjährt und/oder der mutmassliche Täter verstorben sein, schickt der Vorsitzende der Kommission eine Kopie des Berichts an die Entschädigungskommission, zusammen mit den allfälligen finanziellen Forderungen. Falls es weitere Erwartungen oder Wünsche seitens des Betroffenen gibt, prüft die Kommission diese zusammen mit dem Ordinarius.
Handelt es sich beim Fall um eine zum Zeitpunkt des Geschehens erwachsene Person, wird vor jedem weiteren Verfahrensschritt die Zustimmung des Opfers abgewartet. Sobald dieses Einverständnis vorliegt, wird die Angelegenheit an den Ordinarius weitergeleitet. Wenn das Opfer zum Zeitpunkt der Ereignisse minderjährig war, wird die Angelegenheit sofort an den Ordinarius weitergeleitet. In beiden Fällen ist es der Ordinarius (Kraft seiner Zuständigkeit), der das Verfahren fortführt: Er macht eine Meldung an die staatlichen Behörden und leitet eine Voruntersuchung und weitere Verfahren oder Massnahmen gegen den mutmasslichen klerikalen Straftäter ein.
Aktueller Stand der Meldungen
Nach der Veröffentlichung des Zwischenberichts der Universität Zürich und der Aufforderung des Bischofs an die Opfer, Missbrauchsfälle zu melden, gab es im Bistum Lugano zwischen 10 und 15 Meldungen. Wir wissen nicht, wie viele Meldungen beim kantonalen LAV3 eingegangen sind. Der Bischof hatte Opfer, die sich nicht direkt an die Kirche wenden wollten, eingeladen, diese externe Meldestelle zu nutzen.
Mögliche Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Meldungen
Wird der Bericht in der Expertenkommission behandelt, hat die Bearbeitung der Fälle einen sehr persönlichen Charakter und ist vertraulich. In Fällen, die nach Abschluss des Vorverfahrens der Justiz gemeldet werden müssen, ist es eine grosse Herausforderung, mit dem verständlichen Druck von Medien und Öffentlichkeit nach Information umzugehen. Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, öffentliches Interesse, Zeugenaufruf und Sicherung der staatsrechtlichen Ermittlungen in einem laufenden Verfahren prallen hier aufeinander. Hinzu kommt die Schwierigkeit, mit den Fällen umzugehen, in denen die Anzeige von einer Person erstattet wird, die zum Zeitpunkt der Ereignisse bereits volljährig war: Will die betroffene Person keine Anzeige bei den staatlichen Behörenden erstatten, bleiben die Kommission und der Ordinarius an diese Entscheidung gebunden und können nicht weiter tätig werden. Es können nur noch kirchenrechtliche Massnahmen und Voruntersuchungen verfügt und eingeleitet werden.
Weitere Begleitung der Betroffenen
Die Unterstützung ist ab dem Zeitpunkt der Anzeige bis zur Entschädigung auf Wunsch des Betroffenen jederzeit möglich und gewährleistet. Die Ansprechpartner stehen auch nach der Auszahlung der Entschädigung der betroffenen Person zur Verfügung. Nach Abschluss des Verfahrens wird jedoch empfohlen, dass die Betroffenen weiterhin von professionellen Fachpersonen begleitet werden, welche von der diözesanen Kommission völlig unabhängig sind.
Nicola Zanini*
(Übersetzung aus dem Italienischen: SKZ)