Fragt man Dr. Google nach den schönsten Berufen der Welt, erhält man interessante Antworten, z. B. den Biertester auf einer Liste mit Fun-Jobs. Meist gilt das Kriterium «sehr gut bezahlt und möglichst wenig Stress». Meiner Ansicht nach fehlt da etwas Gravierendes: Sinn, Erfüllung, Abwechslung und Zufriedenheit. Genau diese Faktoren sehe ich in einem kirchlichen Beruf erfüllt. Es gibt wenig andere Berufe, bei denen man Gott und den Menschen so dienen kann und die so viel Erfüllung schenken. Gleichzeitig ist selten ein Tag gleich wie der andere und es gibt praktisch keinen Alltagstrott. Die dankbaren Rückmeldungen geben Erfüllung und zeigen, dass man am richtigen Platz ist. So erfahre ich kirchliche Berufe und sage deshalb stets mit Überzeugung: Es sind die schönsten der Welt!
Ich weiss, da werden einige Einwände kommen. Natürlich gibt es auch bei Berufen in der Kirche Mühsames, Unnötiges und Ärger über noch fehlende Reformen. Die meisten Aufgaben, die ich als Seelsorger wahrnehmen durfte, waren jedoch erfüllende Tätigkeiten, die den Menschen gedient haben. Vielleicht ist es eine Frage, wie man es betrachtet. Ich gebe zu, dass ich gerne die positive Brille aufsetze, bei der man Negatives zwar sieht, aber das Positive leuchtet. Gerade in dieser besonderen Zeit könnte man z. B. dankbar zur Kenntnis nehmen, wie krisensicher unsere Anstellungen sind.
Trotz meiner Überzeugung, dass die Berufe in der Kirche zu den schönsten der Welt gehören, stelle ich fest, dass es an Nachwuchs mangelt. Es schmerzt mich jeweils, wenn ich sehe, wie sehr sich die Pfarreien z. B. auf motivierte Seelsorgende oder Jugendarbeitende freuen würden, aber sich niemand bewirbt. Der Markt scheint hier nicht ganz zu spielen, denn die Nachfrage ist grösser als das Angebot. Was können wir also tun? «[…] erlöster müssten mir seine Jünger aussehen!» Dieses oft verwendete Zitat von Friedrich Nietzsche setzt einen Anspruch, den man nicht einfach erfüllen kann, der nicht machbar ist. Wie erlöst resp. zufrieden man aussieht, hängt stark von der inneren Zufriedenheit und Dankbarkeit ab. Ausstrahlen kann man nur das, wovon man erfüllt ist. Deshalb ist der wichtigste Faktor für die Werbung von kirchlichen Berufen die Ausstrahlung jener, die sie ausüben. Darum plädiere ich dafür, dass wir die positive Brille anziehen und diese Zufriedenheit und Dankbarkeit auch ausstrahlen.
«Die Ernte ist gross, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!» (Lk 10.2) Dieser Auftrag Jesu steht in der heiligen Schrift und trifft auf uns heute noch genauso zu wie damals. Es ist darum unsere vornehmste Pflicht, für kirchliche Berufe zu beten, damit Gottes Wort auch heute noch den Weg in die Herzen der Menschen findet. Der Auftrag ist klar, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Soll, ja darf man denn überhaupt auch professionelle Werbung für kirchliche Berufe machen? Die letzten sechs Jahre wurde dies mittels des Projekts «Chance Kirchenberufe» gemacht. Die Zahl der Beratungen steigt nach jeder Werbeoffensive wieder an und hilft wohl mit, dass die Zahlen der Interessenten oder Berufseinsteiger nicht noch drastischer zurückgehen. Insofern ist dieses Mittel durchaus berechtigt. «Chance Kirchenberufe» wird als Kampagne der IKB (Information kirchliche Berufe) weitergeführt und wird dank eines Projektwettbewerbs unter Werbeagenturen neuen Schwung bekommen.
Ich fühle mich privilegiert und glücklich, dass ich einen der schönsten Berufe der Welt ausüben darf. Genau das wünsche ich vielen anderen Menschen auch.
Hanspeter Wasmer