«Wir möchten im Gespräch bleiben»

Die Kommission Bischöfe-Priester ist eine der insgesamt elf Kommissionen der Schweizer Bischofskonferenz. Über ihren Auftrag und Tätigkeit sprach die SKZ mit dem Präsidenten Pfr. Thomas Rey.

Pfr. Thomas Rey (Jg. 1965) ist seit 2016 Präsident der Kommission Bischöfe-Priester. Er ist Pfarrer in St. Jakob, Cham ZG.

 

SKZ: Was ist die Aufgabe der Kommission?
Thomas Rey: Unsere Kommission soll Priester und Bischöfe im Dialog halten. Aus diesem Grund sind je zwei Vertreter aus allen diözesanen Priesterräten sowie aus der Bischofskonferenz in der Kommission. Die Vertreter bringen die Themen ein, die in ihren jeweiligen Priesterräten resp. in der Bischofskonferenz diskutiert werden. Von unseren Diskussionen soll ab und an auch etwas in die Bischofskonferenz einfliessen und umgekehrt. Ich finde es schade, dass manchmal Angelegenheiten nur an die zuständigen Gremien gehen, z. B. an die Regentenkonferenz, wenn es um die Seminarausbildung geht. Es wäre sinnvoll, wenn solche gesamtschweizerischen Themen auch in unserer Kommission besprochen werden könnten.

Ein aktuelles Problem für Priester ist die fortschreitende Säkularisierung und damit verbunden ein verschwindendes Verständnis für die Sakramente.
Als Priester möchten wir natürlich die Sakramente weitergeben. Sehr oft sind daher die Taufe und die Ehe ein Gesprächsthema in den Priesterräten, da wir hier das grösste Poten-
zial sehen. Als Priester muss ich das Verständnis für die Sakramente bei den Gläubigen wecken, damit ich ein Kind taufen kann oder damit sie eine Ehe eingehen können. Das ist ein Thema, das die ganze Schweiz betrifft. Hier sind sich alle Priester einig, dass man bei der Vorbereitung auf die Sakramente die grössten Möglichkeiten hat, die Menschen anzusprechen.

Gleichzeitig fordern immer mehr Laien, dass sie Sakramente spenden dürfen.
Das ist ein typisches Deutschschweizer Problem, das in unserer Kommission immer wieder mal angesprochen wird. Das Thema kommt aber nicht aus den Priesterräten. Dort wird das normalerweise nicht diskutiert. Die Priesterräte sind Beratungsgremien und wenn der Bischof etwas nicht diskutieren lassen will, bringt er das Thema nicht ein. Das ist sein Recht. Unsere Kommission will die Bischofskonferenz zu nichts drängen. Wir möchten einfach im Gespräch bleiben. Vielleicht ergibt sich dann daraus ja mal etwas.

Sie haben von einem Deutschschweizer Problem gesprochen…
In der Kommission stellen wir fest, dass es diesen sogenannten Röstigraben auch in der Kirche gibt. In der Deutschschweiz diskutieren wir über das Mitwirken von Theologinnen und Theologen, während sie in der Westschweiz viel pastoraler diskutieren, da sie mehrheitlich mit Ehrenamtlichen zusammenarbeiten. Dann kommen natürlich noch die Kirchensteuern dazu. Tendenziell haben wir in der Deutschschweiz für alles Geld. In der Westschweiz hat man vielerorts fast kein Geld, weil man sich aus Spenden finanzieren muss. Daraus ergibt sich eine andere Arbeitsweise, auch ein anderes «Spüren». Hier können wir einander zuhören und manchmal auch staunen. Die Realitäten sind aber zu verschieden, um einander konkret unterstützen zu können.

Oft hört man, dass sich viele Priester einsam fühlen.
Einsamkeit ist immer wieder Thema. Hier stellt sich die Frage nach der Vernetzung. In der Deutschschweiz gibt es keine Orte mehr, wo sich Priester treffen, im Gegensatz zur Westschweiz. Früher konnten sich die Priester in den Dekanaten austauschen; diese sind im Bistum Basel ganz weggefallen, haben sich aber auch in den anderen Bistümern verändert. Die Dekanate sind heute oft sehr gross und werden von (Laien-)Theologinnen und (Laien-)Theologen dominiert, sodass die Priester oft keinen Platz mehr haben. Solche Situationen können die Einsamkeit der Priester fördern, da man keine Gelegenheit hat, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Ausser Priester suchen aktiv nach Kontakt und schliessen sich einer Gemeinschaft oder einer Bewegung an. Im Bistum Chur gibt es Priesterkreise, die in diesem Zusammenhang sehr wichtig sind.

Das Gefühl der Einsamkeit kann im Alter verstärkt werden. Gibt es hierzu konkrete Überlegungen?
Wir haben zurzeit eine Generation von älteren Priestern, die immer alleine gelebt haben und keine Lust haben, diese Selbstständigkeit aufzugeben. Manche sehen sich auch nicht mehr als Priester «in aeternum». Jetzt kommt eine Generation, die mehr zusammen unternehmen möchte, die ganz jungen Priester sowieso. Bischof Lovey hat einmal von einem Altersheim für Priester im Aostatal erzählt. Die Idee ist gut. Am einfachsten wäre es, wenn ein solches Altersheim oder betreutes Wohnen in einem Kloster realisiert werden könnte. Wo es eine Kapelle gibt, in der man miteinander betet.

Priester haben zurzeit einen schlechten Ruf. Wie können in dieser Situation junge Männer für diesen Beruf begeistert werden?
Über dieses Thema haben wir noch selten in der Kommission geredet. Hier spüren wir auch wieder den Röstigraben. Doch der angeblich schlechte Ruf der Priester ist meines Erachtens in der Schweiz vor allem eine mediale Geschichte.
In den Pfarreien ist das kein Thema. Grundsätzlich hat man die Priester, die man verdient, und so viele Priester, wie man verdient. Kardinal Kurt Koch sagte schon als Bischof von Basel, dass wir keinen Priestermangel, sondern einen Gläubigenmangel haben. Davon bin ich nach wie vor überzeugt, wenn ich unseren Kirchenbesuch anschaue. Im Bistum Basel haben wir seit Jahrzehnten fast gleich viele Seelsorgende, aber in die Kirche kommen nur noch wenige Gläubige. Durch Corona und jetzt durch das Zertifikat sinkt die Zahl jener, die noch in die Kirche kommen, weiter. Und wenn es weniger Gläubige hat, hat es natürlich auch entsprechend weniger Priesterberufungen.

Was gefällt Ihnen an der Arbeit in der Kommission?
Mir gefällt die Mehrsprachigkeit und zu erfahren, was ausserhalb der Deutschschweiz läuft. Es ist manchmal ermüdend, wenn man im eigenen Bistum um die gleichen Themen kreist und nicht wirklich etwas in die Wege leiten kann. Dann ist es spannend, aus einer anderen Sprachregion anderes zu hören und andere Realitäten zu sehen. Man kann zwar nicht mitdiskutieren, aber manchmal eine pastorale Idee mitnehmen, und auf jeden Fall bekommt man auf der mitbrüderlichen, spirituellen Ebene etwas geschenkt.

Interview: Rosmarie Schärer

 

Die Kommission Bischöfe-Priester der Schweizer Bischofskonferenz hat zwei Ziele:
a) Dialog zwischen Priestern und Bischöfen über alles was das Leben und Wirken der Priester betrifft;
b) Kontakte und Nachrichtenaustausch zwischen den Priesterräten der Schweizer Bistümer.
Zudem fördert die Kommission den Solidaritätsfonds der Schweizer Priester und steht in Verbindung mit der Konferenz der europäischen Priesterräte.
Wie soeben bekannt wurde, hat die SBK beschlossen, die Kommission aufzulösen.