SKZ: Wie entstand die Idee der «Theologischen Akademie»?
Stefanos Athanasiou (SA): Ich weiss noch, wie wir während des ersten Lockdowns hier sassen und die Frage aufkam, wie wir den Hörerinnen und Hörern helfen könnten, sich im theologischen Bereich fortzubilden. Da entstand sehr schnell die Idee, Professorinnen und Professoren zu gewinnen, die den Hörerinnen und Hörern auf eine etwas einfachere Weise, aber doch auf anspruchsvollem Niveau, theologische Informationen weitergeben.
Thomas Rellstab (TR): Wir möchten eine gesunde katholische Theologie vermitteln, unabhängig von irgendwelchen Ideologien. Ich bin überzeugt, dass das Radio ein gutes Medium ist, um Glaubenskurse durchzuführen.
SA: Da nicht alle die Zeit haben, irgendwo hinzureisen, ist das Radio natürlich ein ideales Medium. Man kann die Sendungen überall mitverfolgen und durch die Pod-casts muss man die Sendungen auch nicht unbedingt live hören. Wobei natürliche das Positive an den Livesendungen ist, dass man direkt Rückfragen stellen kann. Diese Möglichkeit wird jeweils gut genutzt. Auch kommen viele schriftliche Fragen via Signal. Die Leute denken mit, fragen nach und es gibt schöne Diskussionen.
Wie ist die Akademie konkret aufgebaut?
SA: Wir orientieren uns an den universitären Einheiten. Wir haben mit dem Alten Testament angefangen, dann kam eine Einheit zum Neuen Testament, später sind wir zur Kirchengeschichte übergegangen und so weiter. Es war auch die Frage, ob wir eine Einheit zu Islamwissenschaft machen wollen. Diese startete zunächst historisch: Wie war es zu Beginn des Islam? Wie haben die Christinnen und Christen damals den Islam wahrgenommen? Im weiteren Verlauf der Einheit ging es dann aber um den Islam selbst. Ein sehr wichtiges Thema war natürlich die Judaistik. Das nächste Studienjahr beginnen wir mit Liturgiewissenschaft, dann folgen die noch fehlenden Fächer, sodass die Hörerinnen und Hörer nach zwei Jahren in alle Fächer eine Einführung hatten. Danach werden wir die «Theologische Akademie» evaluieren und eventuell fortsetzen.
TR: Die einzelnen Sendungen sind immer gleich aufgebaut: Input, Musik, Input, Musik, Input und dann allfällige Fragen. Je nach Referentin resp. Referenten gibt es natürlich mehr oder weniger Zeit für Fragen (lacht). Auf Interaktivität legen wir bei Radio Maria allgemein viel Wert. Wer sich anmeldet, erhält über unsere Webseite weitere Materialien zu den einzelnen Fächern. Er kann am Ende des Studienjahres eine Prüfung ablegen und erhält nach bestandener Prüfung ein Zertifikat.
Welchen «Wert» hat das Zertifikat?
SA: Bis jetzt ist es einfach eine Bestätigung für die Person selbst. Wir überlegen uns aber, wie wir daraus ein akkreditiertes Zertifikat machen können, damit z. B. Religionslehrpersonen dies als besuchte Weiterbildung einreichen könnten. Wir haben einige Ideen, doch sie sind noch nicht spruchreif.
Nach welchen Prinzipien wurden die Dozentinnen und Dozenten ausgewählt?
SA: Ich bin in der wissenschaftlichen Welt tätig und mein Hauptkriterium war, dass ich die Leute kenne. Man muss dazu sagen, dass alle ehrenamtlich für uns arbeiten, denn die Akademie ist grundsätzlich gratis. Fachleute zu gewinnen, die keinen Lohn dafür wollen, geht am besten über persönliche Beziehungen. Ein weiteres Kriterium war, dass die Dozierenden aus verschiedenen Orten und Ländern kommen sollten. Gerade dazu habe ich viele Mails von Theologiestudierenden erhalten, die anscheinend auch mitgehört haben. Sie finden es super, dass diese Pluralität von Universitäten gewährleistet ist und sie so auch einmal etwas von Salzburg, Bonn oder Rom hören. Dies hilft den Theologiestudierenden sicher auch, ihren Horizont zu erweitern.
An wen richtet sich die Akademie?
SA: An alle interessierten Hörerinnen und Hörer. Man muss aber schon mitdenken und reflektieren können und wissen, wie akademisches Lernen geht. Wir haben ehemalige Professoren und Akademikerinnen und Akademiker unter den Hörerinnen und Hörern; das erkennen wir anhand der Rückfragen in den Sendungen. Es hören aber auch Menschen zu, die keine entsprechenden Erfahrungen mitbringen. Die Schwierigkeit besteht darin, diesen Spagat zu machen, damit alle von den Sendungen profitieren können.
TR: Wir wollen Hürden abbauen, damit möglichst viele Menschen beim Kurs dabei sein können und etwas lernen. Da wir hier ein hohes Niveau anbieten, fordert es die Leute auch heraus. Vermutlich können nicht alle Hörerinnen und Hörer folgen.
SA: Wir möchten aber auch, dass jene, die sich bereits mit Theologie beschäftigt haben, das Gefühl haben: Schön, ich freue mich mitzuhören, mitzudenken und mitzudiskutieren.
Was ist das Ziel der Akademie?
TR: In erster Linie Weiterbildung. Alles, was wir bei Radio Maria machen, will die Menschen in eine persönliche Beziehung mit Jesus, mit Gott führen und ihnen helfen, als Zeuginnen und Zeugen Christi zu leben. Dazu gehört wesentlich, dass man etwas über seinen Glauben weiss. Diesen Boden versuchen wir mit der «Theologischen Akademie» auf einem höheren Niveau reflektiert zu setzen.
Wie sind die Erfahrungen nach dem ersten Kurs?
SA: Ich bin sehr zufrieden. Die Menschen machen wirklich mit, das merkt man an den gestellten Fragen. Mir passiert es immer wieder, dass ich in einer Pfarrei auf die Sendungen angesprochen werde. Die Referentinnen und Referenten erzählen Ähnliches. Die Sendungen werden also wirklich von vielen Menschen mitverfolgt.
TR: In der Schweiz gibt es wenig Rückmeldungen, ausser etwas war sehr gut oder sehr schlecht. Doch mit den gemachten Erfahrungen sind wir zufrieden. Insgesamt hören mehr Menschen mit, als sich offiziell angemeldet haben. Wie aktiv dieses Mithören ist oder ob sie sich später mit dem Gehörten noch vertieft auseinandersetzen, wissen wir natürlich nicht.
Gab es Spannendes, Unerwartetes oder Schwieriges?
SA: Die Referentinnen und Referenten waren alle sehr gut. Es ist natürlich etwas ganz anderes, ob man im Hörsaal doziert oder am Telefon. Es war für die Professorinnen und Professoren nicht ganz einfach, eine Vorlesung zu halten, ohne jemanden vor sich zu sehen. Einmal blieb mir beinahe das Herz stehen. Als Prof. Hildegard Scherer aus Chur auf Sendung war, fiel bei uns plötzlich die Technik aus. Aufgrund eines Internetunterbruchs konnten wir die Sendung nicht mehr fortführen und mussten abbrechen. Zum Glück ist es nur einmal passiert.
TR: Ich war überrascht, wie spannend Theologie sein kann. Wenn von einer Professorin oder einem Professor die Zusammenhänge aufgezeigt und Verbindungen geknüpft werden können, ist das schon sehr interessant. Ein gutes Beispiel ist hier Prof. Ralph Weimann aus Rom, der die verschiedenen Elemente aufzeigte, die zu ethischen Entscheidungen führen. Diese Grundlagen fehlen in unserer schnelllebigen Zeit ganz. Theologie wird quasi auf der politischen Ebene mit Schlagworten betrieben. Man reflektiert nicht mehr genügend und schliesst sich vorschnell irgendwelchen Meinungen an. Wenn man wieder einmal von den Fundamenten hört, von denen die Werte kommen, und wie wir sie begründen, gibt das eine ganz andere Basis.
Was wünschen Sie sich für die Fortsetzung der Akademie?
SA: Dass die Menschen weiterhin Freude an der Theologie haben und das gehörte theologische Fachwissen als «Topf von theologischen Erfahrungen aus der Vergangenheit und Gegenwart» ihnen für ihr spirituelles und kirchliches Leben einen Fortschritt hin zu Gott bringt.
TR: Ich wünsche mir, dass es mit unserer «Theologischen Akademie» gelingt, das Glaubensniveau unserer Hörerinnen und Hörer vorwärtszubringen.
Interview: Rosmarie Schärer